Die Verfassungsrichterinnen und -richter im Dezember 2019.

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Wien – Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) befasst sich in seiner am Montag beginnenden Session mit dem Verbot der aktiven Sterbehilfe, dem Kopftuchverbot in Volksschulen, weiteren Anträgen gegen Covid-19-Maßnahmen sowie der "Klimaklage" gegen Begünstigungen für die Luftfahrt. Auch die Mautbefreiung auf der Rheintalautobahn und – erneut – die Shopping City Seiersberg beschäftigen die Höchstrichter.

Bei der Sterbehilfe gibt es vier Antragsteller, darunter zwei Schwerkranke und ein Arzt. Sie sehen durch die bestehende Rechtslage leidende Menschen gezwungen, entweder entwürdigende Verhältnisse zu erdulden oder – unter Strafandrohung für Helfer – Sterbehilfe im Ausland in Anspruch zu nehmen. Die Beratungen dazu haben bereits im Juni begonnen. Am Donnerstag (24. September) findet eine öffentliche Verhandlung statt.

Kopftuchverbot und Corona-Maßnahmen

Gegen das Verhüllungsverbot in Volksschulen wenden sich zwei Kinder und deren Eltern, die im Sinne der sunnitischen bzw. schiitischen Rechtsschule des Islam erzogen werden. Sie sehen die Vorschrift auf den Hidschab gerichtet, es handle sich um einen unverhältnismäßigen Eingriff auf Religionsfreiheit und religiöse Kindererziehung. Außerdem sei der Gleichheitsgrundsatz verletzt, weil die jüdische Kippa oder die Patka der Sikhs nicht erfasst sei.

Bei den Corona-Maßnahmen sind noch Anträge offen, in denen sich Gastwirte und Betreiber von Bars und Diskotheken gegen die seinerzeit verhängten Betretungsverbote und andere Beschränkungen gewandt haben. Auch die Maskenpflicht, Hygienevorschriften an Schulen und die Verpflichtung zum außerordentlichen Zivildienst stehen im Fokus.

Steuervorteile Flugverkehr

Die im Februar von der Umweltschutzorganisation Greenpeace gemeinsam mit 8.060 Unterstützern eingebrachte "Klimaklage", richtet sich gegen eine Bevorzugung des klimaschädlichen Flugverkehrs gegenüber der Bahn. Im Zentrum steht ein Ende der steuerlich "unfairen Bevorteilung" durch die Kerosinsteuerbefreiung auf innerstaatliche Flüge und Umsatzsteuerbefreiung von internationalen Flügen. Diese seien der Grund warum Fliegen billiger als Bahnfahren sein könne und verstoßen damit gegen den Gleichheitsgrundsatz, aber auch gegen die Verpflichtung des Staates, das Leben und die Gesundheit des Einzelnen vor den Folgen des globalen Klimawandels zu schützen, so der Vorwurf. "Die Behandlung der Klimaklage vor dem Verfassungsgerichtshof ist ein historischer Moment", hieß es in einer Aussendung.

Auch beraten wird der VfGH über die seit Dezember 2019 gültige Mautbefreiung auf der A14 in Vorarlberg zwischen Hörbranz und Hohenems. Eine Anrainerin erachtet diese als verfassungswidrig, weil sie sich als Folge der Zunahme von Lärm und Luftschadstoffen im Recht auf Privatleben verletzt sieht. Außerdem prüfen die Höchstrichter, ob eine Gemeindevolksabstimmungen in Vorarlberg dem repräsentativ-demokratischen System der Bundesverfassung entspricht.

Zuletzt gibt es noch Beratungen zur Shopping City Seiersberg in der Steiermark. Dabei geht es, vereinfacht gesagt, um die Frage, ob das Einkaufszentrum im rechtlichen Sinn als ein einziger Komplex gilt oder ob die fünf Gebäude jeweils einzlene Zentren bilden. (APA, red, 21.9.2020)