A380 von All Nippon Airways: Die Corona-Krise macht einige Fluglinien erfinderisch. Sie bieten Rundflüge, Flüge ins "nirgendwo" oder spezielle Flughafenerlebnisse an, wo die Passagiere zwar boarden können, der Flieger aber gar nicht erst abhebt.

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Not macht bekanntlich erfinderisch. So will die Fluggesellschaft Singapore Airlines im nächsten Monat Flüge vom und zum Flughafen Changi starten. Das berichtet die Zeitung "The Straits Times": Demnach soll der Flughafen Changi darauf hinarbeiten, diese Flüge nach nirgendwo bis Ende Oktober einzuführen. Andere Airlines haben das ebenfalls bereits gemacht, um wenigstens noch etwas zu verdienen.

Anfang August verkaufte etwa die Fluggesellschaft Eva Air Tickets für einen Flug mit einem großen Airbus, der zum Ausgangsziel zurückführte. Die mehr als 300 Tickets für den Rundflug bis zu den östlich gelegenen Ryūkyū-Inseln waren rasch ausverkauft.

Fliegen, ohne wirklich anzukommen

Umgerechnet 150 Euro nahm die Fluggesellschaft pro Passagier ein – eine Win-win-Situation für Airline und Fluggäste. Denn so kompensiert das Unternehmen momentane Umsatzausfälle, bewegt die sonst auf dem Boden geparkten Jets, und die Passagiere glauben, sie würden in den Urlaub fliegen.

Durch die Corona-Pandemie ist ein neuer Markt entstanden: für Flüge, die eigentlich nirgendwohin führen. Mit diesen Trips ins Blaue werden nicht Menschen von A nach B transportiert, sondern die Flugreise selbst wird zum Ziel. Anscheinend ist in Zeiten strikter Reisebeschränkungen das Bedürfnis nach dieser Art von Kompensationsreisen groß, wie der "Stern" berichtet.

Begehrte Fake-Flüge

Ab dem Taoyuan International Airport bieten China Airlines, Eva Air, Starlux und Tigerair Taiwan Rundflüge an, die von Taiwan aus über benachbarte Länder und dann wieder zurück fliegen. Laut dem Portal "Focus Taiwan" sind die Flüge sehr begehrt.

Die neue Fluggesellschaft Starlux Airlines hob mit einem Airbus A321 Neo am 7. August in Richtung Philippinen ab, um gleich wieder zurückzufliegen. An Bord wurde ein Menü eines mit Michelin-Sternen ausgezeichneten Kochs kredenzt. Die 188 Tickets kosteten in der Economy Class je rund 135 Euro und in der Business Class etwa 600 Euro. Sie waren innerhalb von fünf Minuten ausverkauft. Starlux hat deshalb vor, bald einen weiteren Flug mit einem ähnlichen Konzept anzubieten.

Kulinarischer Ausflug

Tigerair Taiwan setzt ebenfalls auf ein kulinarisches Angebot an Bord ihres Rundflugs. Die 90 Fluggäste an Bord des vierstündigen Fluges erhalten Champagner und Essen des Restaurants Da-Wan, das einen Michelin-Stern erhalten hat. Zusätzlich gibt es für die Passagiere noch ein Hin- und Rückflugticket nach Japan, das innerhalb eines Jahres genutzt werden kann. Kostenpunkt: rund 250 Euro.

Am 22. August startete All Nippon Airways wiederum mit einem Airbus A380 zu einem 90-minütigen Rundflug in Japan. An Bord des Sonderflugs waren 334 Passagiere, die per Los ausgewählt wurden. Der größte Passagierjet der Welt kommt bei ANA eigentlich nur auf der Route zwischen Tokio und Hawaii zum Einsatz.

Rundflug über Australien

Auch in Australien gibt es derartige Pläne. Aufgrund des verlängerten Lockdowns plant Qantas zwar bis Ende des Jahres zwar keine internationalen Flüge mehr, doch der Bedarf an längeren Flugtrips scheint weiterhin zu bestehen: Ein im Oktober geplanter Rundflug über den Kontinent war nach zehn Minuten ausgebucht. Dieser große Zuspruch hat selbst die Fluglinie überrascht: "Das ist wahrscheinlich der am schnellsten ausverkaufte Flug in der Geschichte von Qantas", sagte ein Unternehmenssprecher am vergangenen Freitag.

Die Boeing 787-9 der Fluggesellschaft soll am 10. Oktober in Sydney starten und im Tiefflug bekannte Attraktionen wie das Great Barrier Reef vor Queensland oder den Felsen Uluru im Northern Territory im Lande ansteuern. Nach sieben Stunden wird der Dreamliner wieder in Sydney landen. Die Preise betragen umgerechnet 480 Euro in der Economy und 2.300 Euro in der Business Class, inklusive Qantas-Schlafanzug mit Känguru-Motiv zum Mitnehmen.

Nur so tun als ob

In Europa würden solche Spaßflüge wohl auf wenig Begeisterung stoßen und vermutlich einen Shitstorm auslösen – Stichwort Klimaunverträglichkeit. Denkbar wäre jedoch folgende Alternative, wie das Beispiel China Airlines zeigt. Schon im Juli ermöglichte man Reiselustigen am Songshan Airport in Taipeh ein besonderes Erlebnis: Check-in mit Gepäckaufgabe, Lounge-Aufenthalt, Airport-Shopping und das Betreten des Flugzeuges. Flugbegleiter geben ihre Sicherheitsanweisungen, nachdem die Passagiere Platz genommen haben und informieren über ihre Covid-19-Maßnahmen. Doch abgehoben hat der Flieger nie: Nach einem Drink geht es zurück ins Terminal, durch die Pass- und Zollkontrolle und zu einem abschließenden Essen im Flughafenrestaurant. (red, 21.9.2020)