Hilfsorganisationen werfen Griechenland unter anderem vor, Flüchtlingsboote in Richtung Türkei zurückgedrängt zu haben.

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Brüssel – Zwei Hilfsorganisationen haben Griechenland im Umgang mit Asylwerbern den systematischen Bruch von EU-Recht vorgeworfen und die EU-Kommission zum Handeln aufgefordert. Die Behörde müsse ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Athen einleiten, heißt es in einer Beschwerde, die am Dienstag im Namen von Oxfam und We Move Europe an die EU-Kommission ging.

Die Organisationen werfen Griechenland unter anderem sogenannte Pushbacks vor, bei denen Migranten unter Anwendung von Gewalt und ohne Berücksichtigung ihrer individuellen Umstände unmittelbar nach ihrem Überqueren der Grenze wieder in Richtung Türkei zurückgedrängt werden. Zudem würden Schutzmaßnahmen im Asylverfahren auf eklatante Weise missachtet. So biete die jüngste griechische Asylreform nur eine geringe Chance auf ein faires Asylverfahren. Die Einspruchsfristen bei abgelehnten Anträgen seien mitunter abgelaufen, bevor der Betroffene über die Entscheidung informiert worden sei.

Vorschlag der EU-Kommission am Mittwoch erwartet

"Die EU-Kommission ist die Hüterin des EU-Rechts und sollte die Grundrechte aller Menschen in Europa aufrechterhalten und schützen", sagte die Chefin des EU-Büros von Oxfam, Marissa Ryan, der Mitteilung zufolge. Der Großbrand des Flüchtlingslagers Moria vergangene Woche habe gezeigt, dass Europa in dieser Hinsicht versagt habe.

Die EU-Kommission überwacht unter anderem die Einhaltung von EU-Recht. Verstößt ein Land ihrer Meinung nach gegen das gemeinsame Recht, kann die Behörde ein Verfahren wegen Vertragsverletzung einleiten, an dessen Ende eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und später eine Geldstrafe stehen kann.

Die EU-Staaten sind seit Jahren tief zerstritten über die gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik. Am Mittwoch will die Kommission deshalb Reformvorschläge vorlegen. (APA, 22.9.2020)