Babyelefant passt hier keiner zwischen die Lift-Passagiere. Das Bild stammt aber auch aus pandemiefreien Zeiten.

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Wien – Der Herbst steht vor der Tür, auch der Winter ist nicht mehr fern. Und damit die nächste Saison, die für die heimischen Touristiker zum Desaster werden könnte. Nicht nur war – und ist noch – das Coronavirus in Europa auch mit der österreichischen Skihochburg Ischgl konnotiert. Die jüngsten Infektionszahlen sorgen bei Branchenvertretern durchaus für Kopfzerbrechen, manche befürchten, dass die Saison sogar ausfallen könnte.

Die Sorgen der Branche sind durchaus berechtigt, findet Oliver Fritz, Tourismusexperte am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo): "Im Sommer haben Inländer einen Teil der fehlenden ausländischen Gäste ersetzt. Im Winter ist es aber schwieriger, fehlende Gäste durch Inlandsnachfrage zu ersetzen." Österreich sei keine Ersatzdestination. Wer sonst nach Fuerteventura gefahren wäre, wird eher nicht spontan zum Skifahrer, befürchtet Fritz. Wer wegbleibt, bleibt eben weg.

Köstinger beharrt auf Fixkostenzuschuss

Arbeitsministerin Christine Aschbacher und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) haben am Dienstag bei einer Pressekonferenz Hilfsmaßnahmen für den Tourismus vorgestellt. Oder eher vorgetragen – denn Neues war nicht dabei. Die Kurzarbeit wird verlängert, der Neustartbonus soll einen Anreiz für Einstellungen schaffen und die Corona-Arbeitsstiftung Arbeitskräfte bei der Um- und Weiterbildung unterstützen. So soll die Branche durch den Winter navigiert werden (DER STANDARD hat die Pressekonferenz hier mitgetickert).

Elisabeth Köstinger (links) und Christine Aschbacher (beide ÖVP) erklärten am Dienstag, wie sie dem Tourismus über den Winter zu helfen gedenken. Aschbacher referierte auch die aktuellsten Arbeitslosenzahlen. Aktuell sind 403.398 Personen beim AMS gemeldet, um rund 75.000 mehr als vor einem Jahr. Im Vergleich zur Vorwoche sank die Zahl der Arbeitslosen um 560. In Kurzarbeit befinden sich 296.486 Personen, um 92.000 weniger als vor einer Woche.
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Köstinger forderte außerdem einmal mehr ein baldiges Ja aus Brüssel zum geplanten Fixkostenzuschuss, den die EU-Kommission ja zuletzt gebremst hatte. Experten wie Wifo-Ökonom Fritz sind auch überzeugt, dass die Branche ohne weitere Hilfen wie einen Fixkostenzuschuss zu großen Schaden nehmen würde. Es brauche einen Zuschuss, der die Betriebe erreicht – und der die gesamte Wintersaison umfasst. "Die Maßnahme muss deutlich über den Dezember hinausgehen", so Fritz.

Experten kritisieren Fixkostenzuschuss

Experten sehen beim Fixkostenzuschuss allerdings Nachbesserungsbedarf – nicht um Brüssel endlich von der Maßnahme zu überzeugen, sondern weil die Regierung die Maßnahme so konzipiert hat, dass ein Anreizproblem in der Tourismusbranche programmiert ist. Antragsberechtigt wären demnach nur Unternehmen, die einen Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent verzeichneten.

Wie eine Studie von Paul Pichler von der Universität Wien zeigt, könnten viele Tourismusbetriebe letztlich durch die Finger schauen, weil die Umsätze aufgrund der positiven Sommermonate nicht stark genug fallen. Wo der Umsatz um beispielsweise 28 Prozent zurückgegangen ist, könnten Unternehmen so alles daransetzen, auf die 30 Prozent zu kommen – denn sonst gibt es nicht einen vollständigen Fixkostenersatz, sondern gar nichts vonseiten der Regierung. Ein klassischer Fehlanreiz.

Aschbacher und Köstinger sprachen zu den Themen Arbeitsmarkt und Tourismus.
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Ersatzquote womöglich zu hoch

Das Problem, dass Betriebe aufgrund der guten Sommermonate durch die Finger schauen könnten, entsteht, weil Unternehmen, die den Fixkostenzuschuss in der ersten Phase beantragt haben, mit dem zweiten Fixkostenzuschuss zeitlich nahtlos daran anschließen müssen. Sie werden also gezwungen, die Sommermonate in der Umsatzentwicklung mitzuberücksichtigen.

Tourismusexperte Fritz findet auch, dass die Ersatzquote von 100 Prozent möglicherweise zu hoch ist. Gepaart mit dem Umsatzkriterium von einem 30-Prozent-Rückgang führt der Fixkostenzuschuss dazu, dass auf der einen Seite überfördert und auf der anderen Seite unterfördert wird, befürchtet Fritz.

Kurze Saison, großer Schaden

Die vergangene Wintersaison wurde bekanntlich erst im März jäh von pandemiebedingten Betriebsschließungen unterbrochen. Dennoch standen am Ende sowohl bei Ankünften mit minus 22 Prozent als auch bei Nächtigungen mit minus 18,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr Verluste zu Buche. Im Winter 2018/19 zählten die Statistiker 20,4 Millionen Ankünfte und 70,9 Millionen Nächtigungen.

Um die kommende Wintersaison halbwegs zu retten, müsste es gelingen, potenzielle Kunden davon zu überzeugen, dass ein Winterurlaub in Österreich sicher ist, meint Fritz – "und dass die Gäste einen Urlaub machen können, den man auch als Urlaub bezeichnen kann". (luis, 22.9.2020)