Hörsäle sollen im Wintersemester allerhöchstens zur Hälfte der Sitzplätze belegt werden, viele Veranstaltungen werden rein digital studierbar sein.

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Seit Mitte März haben die meisten Studierenden ihre Unis nicht mehr von innen gesehen. Kurz nach Beginn des Sommersemesters wurde damals der Präsenzunterricht komplett eingestellt und das blieb auch bis zu den Ferien so. Nun beginnt am Donnerstag das erste und hoffentlich einzige Wintersemester während der Corona-Pandemie. Der STANDARD hat die wichtigsten Frage und Antworten dazu gesammelt.

Frage: Am Donnerstag beginnt an den heimischen Universitäten das Wintersemester. Haben die Unis ebenso wie die Schulen einen Start mit Normalbetrieb geplant?

Antwort: Nein, an den Unis ist schon seit dem Sommer viel vom Begriff "Hybridlehre" die Rede. Es soll also in verschiedensten Mischformen aus Präsenzunterricht und digitalem Distance-Learning gearbeitet werden. Volle Hörsäle und Seminarräume wie sonst wird es jedenfalls nicht geben.

Frage: Gerade die Altersgruppe der Studierenden ist derzeit besonders stark von der Corona-Ausbreitung betroffen. Wie wirkt sich dieses Infektionsgeschehen auf das hybride Konzept aus?

Antwort: Die Unis scheinen deshalb bei der Gewichtung von Präsenz- versus Digitalunterricht besonders vorsichtig zu sein. Der überwiegende Anteil der Studierenden wird Lehrveranstaltungen also nicht vor Ort belegen, das genaue Ausmaß wird naturgemäß von der weiteren Entwicklung der Pandemie abhängen. Die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Uni Wien hat sich aber beispielsweise jetzt schon bis Ende Jänner festgelegt: Das Semester wird zur Gänze digital studierbar sein. Lehrende müssen also alle Inhalte online bereitstellen.

Frage: Was heißt das alles für Studienanfänger? Werden sie ihre neuen Unis im ersten Semester überhaupt einmal von innen sehen?

Antwort: Die meisten Unis wollen bei der Zuteilung großer Räumlichkeiten Lehrveranstaltungen für Erstsemestrige bevorzugen, um diesen möglichst viel Anwesenheit vor Ort zu ermöglichen und sie an die Gegebenheiten des normalen Uni-Betriebs wenigstens in Ansätzen heranzuführen. Allerdings werden auch die Steop-Vorlesungen nicht so voll sein wie eh und je, denn generell sollen Hörsäle allerhöchstens zu 50 Prozent der Sitzplätze belegt werden. Einen starkes Präsenzgewicht soll es auch bei praktischen Übungen geben, die sich kaum durch Videokonferenzen ersetzen lassen. Das betrifft zum Beispiel naturwissenschaftliche Übungen im Labor oder Kurse in künstlerischen Fächern.

Frage: Wer entscheidet überhaupt, welche Veranstaltungen in welcher Form stattfinden?

Antwort: Durch die Hochschulautonomie obliegt das weitgehend der jeweiligen Universität selbst. Das zuständige Wissenschaftsministerium von Heinz Faßmann (ÖVP) hat allerdings einen umfangreichen Leitfaden mit Empfehlungen herausgegeben, der die Umsetzung vor Ort erleichtern soll. (Siehe Infobox unten).

Frage: Gibt es eine eigene Hochschulampel?

Antwort: Es gibt nicht die eine Hochschulampel, aber einige Hochschulen experimentieren mit jeweils eigenen Ampeln. Nicht alle davon mit Erfolg: Die Ampel der Uni Wien wurde schon wieder ausgeschaltet, bevor sie zu leuchten begann. An der FH St. Pölten blinkt es derzeit orange, obwohl die Stadt St. Pölten in der Ampel der Bundesregierung auf Gelb steht. Aus Studierendensicht ist es am sinnvollsten, sich einfach auf der Website der eigenen Hochschule zu informieren, welche Maßnahmen gelten, und vor der Anfahrt sicherheitshalber die Mails zu checken, um die neuesten Änderungen zu kennen.

Frage: Man hört Gerüchte, dass sich durch die zahlreichen Corona-Einschränkungen derzeit deutlich weniger junge Leute fürs Studieren interessieren. Gibt es für das Wintersemester weniger Inskriptionen als sonst?

Antwort: Dazu wird man erst belastbare Aussagen treffen können, wenn die Nachfrist für Inskriptionen im November zu Ende geht. Aktuelles Datenmaterial, das die Folgen der Pandemie für die Gesamtzahl der Einschreibungen berücksichtigt, gibt es daher nicht. Nachfragen des STANDARD bei mehreren Hochschulen deuten aber eher darauf hin, dass bei den Anmeldungen keine gröberen Auffälligkeiten zu verzeichnen und die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr konstant sind. Zu bedenken ist auch, dass durch die krisenhafte Lage am Arbeitsmarkt die attraktiven Alternativen zum Studieren begrenzt sind, weil kaum Jobs ausgeschrieben werden.

Frage: Wie kamen die Studierenden eigentlich vergangenes Semester mit den Onlineprüfungen zurecht?

Antwort: Laut einer neuen Studie von Forschern der Uni Wien recht gut. Aus deren – nicht repräsentativer – Umfrage unter 1.635 Studenten geht hervor, dass nur fünf Prozent der Befragten schlechte Erfahrungen mit Onlineprüfungen gemacht haben, rund drei Viertel fanden den Ablauf hingegen "sehr gut" oder "gut". Rund die Hälfte der Teilnehmer bejahte die Frage danach, ob diese Prüfungsformate mehr zum Schummeln einladen. Als schlecht beurteilten die Studenten etwa, dass man online weniger gut nachfragen konnte, manche fürchteten auch technische Schwierigkeiten. Positiv sahen viele "Open Book"-Prüfungen, bei denen mit Unterlagen gearbeitet werden kann und daher auf das Anwenden von Wissen und nicht das Abfragen von Gelerntem fokussiert wird.

Frage: Wurden im Lockdown-Semester mehr Prüfungen absolviert als sonst, oder haben die Studierenden das Semester schleifen lassen?

Antwort: An der Uni Wien ist die Zahl der abgelegten Prüfungen im Vergleich zu 2019 um 0,6 Prozent minimal gestiegen. Dieser Befund der größten Uni des Landes deutet auf eine stabile Prüfungsaktivität hin; für eine Gesamtbetrachtung über alle österreichischen Unis ist es aber mangels aktueller aggregierter Daten noch zu früh. Diese werden erst zu Jahresende vorliegen.

Frage: Werden für die Corona-Zeit die Studiengebühren erlassen, wenn denn welche anfallen? Immerhin haben sich viele Studierende wohl etwas anderes unter dem Begriff "Studieren" vorgestellt, als sie nun bekommen.

Antwort: Nein, bei den Studiengebühren gibt es keinen pauschalen Erlass. Wissenschaftsminister Faßmann und die Chefin der Universitätenkonferenz, Sabine Seidler, argumentieren, dass die Unis ihren Lehrauftrag nach wie vor erfüllen und sich mit viel Aufwand auf die neuen Bedingungen für Veranstaltungen eingestellt haben. Die ÖH kritisiert das heftig und führt neben Problemen mit der Fernlehre vor allem sozialpolitische Gründe ins Treffen. Der Erlass der Studiengebühren wäre aus Sicht der ÖH eine unbürokratische finanzielle Entlastung für jene Gruppe an Studierenden, die durch die Wirtschaftskrise ihre geringfügigen Jobs verloren haben, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und dennoch ihre Mieten und Ähnliches weiterzahlen müssen.

Frage: Das Sommersemester wurde vom Wissenschaftsminister als "neutrales Semester" definiert. Man konnte damit auch ohne Leistungsnachweis weiter Studienbeihilfe und Familienbeihilfe beziehen, und alle Anspruchsfristen wurden um ein Semester verlängert. Ist auch das jetzige Wintersemester ein solches neutrales Semester?

Antwort: Nein, dafür gibt es keinen politischen Beschluss. Es gelten wieder die normalen Anspruchskriterien.

Frage: Gibt es sonst neue finanzielle Unterstützungsleistungen für die Studierenden?

Antwort: Für besondere soziale Notlagen hat die ÖH an den einzelnen Hochschulen eigene Härtefallfonds eingerichtet, bei denen man Hilfe beantragen kann. Mehr Informationen dazu findet man auf den Websites der lokalen ÖHs. Auf parlamentarischer Ebene wurde kürzlich die Anhebung der Zuverdienstgrenze bei der Familienbeihilfe von 10.000 auf 15.000 Euro beschlossen. Studierende bis 24 können nun also neben ihrem Studium jährlich bis zu 15.000 Euro brutto verdienen, ohne die Familienbeihilfe zu verlieren. Die Erhöhung gilt bereits für das Einkommen im Jahr 2020. (ta, 30.9.2020)