Am Freitag wird weltweit für das Klima gestreikt. Das Motto: Corona ist nicht die einzige Krise. Laut einer repräsentativen Befragung bereitet der Klimawandel und die Umwelt Kindern und Jugendlichen mehr Sorgen als die Pandemie.

Foto: Christian Fischer

Die zwölfjährige Lena bringt die Ängste vieler Jugendlicher in Österreich auf den Punkt: "Wenn wir nix ändern, werden wir sehr schlecht leben und uns einreden, dass eh alles okay ist." Lena bezieht sich auf die Umweltverschmutzung und den Klimawandel. 85 Prozent bangen laut einer repräsentativen Umfrage, für die im Juli und August 400 Kinder und Jugendliche zwischen elf und 18 Jahren befragt wurden, um den Planeten. In Auftrag gegeben wurde die Befragung von SOS-Kinderdorf, durchgeführt wurde sie vom Institut für Jugendkulturforschung.

Klima, Rassismus, Armut, Corona

Die Frage, was einem Sorgen bereitet, wenn man an die eigene Zukunft denkt, beantworteten 78 Prozent mit Umweltverschmutzung, knapp dahinter ist mit 75 Prozent der Klimawandel. 66 Prozent sorgen sich wegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit in Österreich, 60 Prozent wegen der steigenden Armut im Land, und 59 Prozent fürchten sich davor, dass es in Zukunft häufiger zu Pandemien wie Corona kommt.

Junge Menschen seien durch Corona mit großer Unsicherheit konfrontiert – gesundheitlich, aber auch am Arbeitsmarkt, in ihrer Ausbildung, im sozialen Umfeld. "Umso bemerkenswerter ist es, dass Corona die Angst vor der Klimakrise nicht verdrängt hat", sagte Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf. Dass das Virus nicht weiter vorn rangiert, könnte allerdings dem Befragungszeitraum geschuldet sein – immerhin waren die Zahlen im Sommer niedrig.

Alleine mit der Angst

Besonders bedenklich sei, dass sich die Jugendlichen mit ihren Sorgen allein gelassen fühlen: Über 80 Prozent finden, dass Politik und Wirtschaft den Klima- und Umweltschutz nicht ernst genug nehmen. Moser sieht das als Auftrag: "Als Kinderrechtsorganisation ist es unser Auftrag, gemeinsam mit jungen Menschen mehr Klimaschutz einzufordern."

Konkret bereiten den Kindern die Umwelt und den Klimawandel betreffend vor allem schlechter werdende Luft (83 Prozent), verschwindende Wälder (80 Prozent), immer weniger Lebensraum für Tiere (79 Prozent), häufigere Naturkatastrophen (77 Prozent), kein sauberes Wasser (76 Prozent) und immer heißere Sommer (71 Prozent) Sorgen.

Zu viele Autos, zu wenig Grün

Auf den eigenen Lebensraum bezogen gibt jeder zweite Befragte an, es gäbe zu wenig Platz für junge Menschen im öffentlichen Raum. In österreichischen Städten leidet jeder Fünfte darunter, nicht genügend Grünflächen in der Wohnumgebung zu haben. Drei Viertel der Befragten sind der Meinung, dass es zu viele Autos gibt. 71 Prozent gaben an, dass der öffentliche Verkehr in Österreich stärker ausgebaut werden soll.

Obwohl den Jugendlichen das Klima ein großes Anliegen ist, kommt die Aufklärung darüber offenbar zu kurz. 62 Prozent finden, in der Schule werde noch viel zu wenig über Klima- und Umweltschutz gesprochen. 57 Prozent würden gerne mehr tun, wissen aber nicht, wie.

SOS-Kinderdorf fordert, die Schritte aus der Corona-Krise ökologisch nachhaltig zu setzen. Klimaschädliche Investitionen müssten gestoppt und für zukunftsweisende Konzepte Anreize geschaffen werden. "Wir müssen jetzt klima- und umweltpolitisch handeln", sagt Geschäftsführer Moser.

Klimastreik am Freitag

Jene Bewegung, die viele der Befragten maßgeblich geprägt haben dürfte – Fridays for Future –, ruft gemeinsam mit über 80 Organisationen wie Global 2000, Amnesty International oder der Eisenbahnergewerkschaft Vida am Freitag zum sechsten weltweiten Klimastreik auf. Unter dem Motto "Fight Every Crisis" soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Corona-Pandemie nicht die einzige aktuelle Krise ist. Der Klimastreik beginnt in Wien am Freitag um 12.00 Uhr an drei Standorten – Hauptbahnhof, Westbahnhof und Wien-Mitte. Am Heldenplatz findet ab 14.30 Uhr die Hauptkundgebung mit Reden und Musik statt. (Lara Hagen, 23.9.2020)