Die Regierungsparteien haben bei der Überarbeitung ihrer Corona-Gesetze viel richtig gemacht. Wobei die Latte tief hängt. Eigentlich geschah nur, was bei derart schweren Grundrechtseingriffen in einer parlamentarischen Demokratie Standard sein müsste, in der österreichischen Praxis jedoch gerne unter einem angemaßten Imperativ der Schnelligkeit übersprungen wird: Es gab eine umfassende Begutachtung, der Verfassungsdienst war eingebunden, und im Nationalrat wurde ein eigenes Juristen-Hearing veranstaltet.

Expertenhearing im Nationalrat.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Kurz vor Beschluss des Gesetzespakets im Nationalrat am Mittwoch zeigt sich nun aber durch einen neuen Abänderungsantrag, dass es den türkis-grünen Regierenden mit den Kompetenzen des Parlaments doch nicht gar so ernst ist. Denn wie lange das Covid-19-Gesetz im Jahr 2021 noch gilt, das darf demnach die Regierung kommendes Jahr selber per Verordnung festlegen, je nachdem wie gefährlich ihr die "epidemiologische Situation" dereinst dünkt.

Mag dies auch verfassungskonform sein, eine derartige Entmachtung ihrer selbst sollten sich die Abgeordneten nicht gefallen lassen. Wenn sie wollen, können sie das Gesetz ja nächstes Jahr selbst verlängern. Hingegen wäre es ein demokratiepolitisch haarsträubendes Signal, gerade jene Regierung mit mehr Verordnungsmacht zu belohnen, deren Gesundheitsminister das Land jüngst mit rechtswidrigen Verordnungen zugesperrt hat. (Theo Anders, 22.9.2020)