Kathrin Zechner, Danny Krausz, Frank Holderied am Podium bei den Medientagen.

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Der Lockdown stellt die Filmwirtschaft international vor große Herausforderungen. Bei den Medientagen in Wien macht sich das sehr praktisch bemerkbar, nämlich in Zusammenhang mit Reisebeschränkungen für Wien. Die sorgen dafür, dass ein Gutteil der eingeladenen Gäste physisch nicht anwesend sein konnte.

Per Videobotschaft formulierte Betafilm-Chef Jan Mojto seine Analyse über...

  • Zukunftssorgen:
    "Für Produzenten ist es eine besonders schwierige Situation. Die große Schwierigkeit ist die Unsicherheit. Ich glaube, dass man die verlorene Zeit nicht zu hundert Prozent nachholen kann. Das hat mit Verfügbarkeit von Talenten zu tun. Wir können die Produktion nicht einfach verdoppeln, weil es dafür die Leute nicht gibt. Zur Zeit werden Ausweichmöglichkeiten gesucht."
  • Konkurrenz durch Streamingplattformen:
    "Ich halte Konkurrenz grundsätzlich für positiv. Die Plattformen bringen neue Möglichkeiten. das hat vieles bewegt. Das war eine hervorragende Entwicklung. Wo sich noch vieles tun muss, ist die Art und Weise, wie die Plattformen arbeiten. Wenn der Produzent zu reinen durchführenden Produzenten reduziert wird und nicht an den möglichen Erfolgen beteiligt ist, dann halte ich das für eine negative Entwicklung. Dem muss man entgegenwirken."
  • Formate der Zukunft:
    "Durch die Fragmentierung des Marktes ist viel mehr Platz für verschiedene und präzisere Formen. Deshalb wird es eine Vielzahl von interessanten, hoffentlich auch erfolgreichen Formate geben. Im Fernsehen können das Events sein, auf Plattformen Serien. Dann gibt es immer den Traum eines jeden Produzenten, möglichst viele Leute zu erreichen. Hier wird sich verändern, dass man auf die Gesamtsummen des Erfolges im globalen Raum schauen wird und nicht nur auf die Einschaltquoten und Abrufzahlen in den Heimatmärkten. Der Erfolg wird anders gemessen. Qualität und zwar die bestmögliche Qualität für den Zuschauer."

Ebenfalls zugeschaltet war Nico Hofmann. Der Ufa-Chef gab Auskunft über...

  • Finanzierungsmodelle:
    "Wir erleben jetzt schon eine permanente Zunahme von hochwertigen Koproduktionen. Die Komplexität von Finanzierung nimmt seit fünf Jahren konsequent zu. Dadurch entsteht ein enormer Druck. Die Konkurrenz wird steigen."
  • Lineares und digitales Nebeneinander:
    "Beide haben eine große Zukunft. Wir leben im Moment in zwei Welten. Starkes öffentlich-rechtliches Fernsehen und Streaming, und es wird immer mehr Verzahnungen geben. Kofinanzierungsmodelle werden eine größere Rolle spielen."
ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner, Dorfilm-Chef Danny Krausz und Servus-TV-Programmmanager Frank Holderied diskutierten bei den Medientagen in Wien.
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Auf dem Podium antwortete ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner auf Fragen von Dor-Film-Chef Danny Krausz...

  • Wie der ORF das in Corona-Zeiten erworbene Vertrauen in der Programmproduktion nützen könne:
    "Als ORF haben wir eine Chance gegenüber den Plattformen. Wir können als kleiner Markt innovative inhaltliche Wege gehen. Das ist eine der größten Chancen."
  • Talentesuche:
    "Ich darf seit 35 Jahren beobachten, dass Sender wie der ORF Talent entwickelt, entdeckt, begleitet und im Unterschied zu vor 20 Jahren die Ernte nicht mehr einfährt, sondern die Ernte fährt die große Plattform ein, weil sie das Regie-, und Schauspielpotential vom Markt wegkauft."
  • Entwicklung:
    "Die Mittel für die Entwicklung gibt es, wenn es die Idee gibt. Unsere große Herausforderung ist, dass wir das Hirn intensiver anwerfen. Sich darüber zu beschweren, dss Netflix ein Budget hat, von dem ich nur träumen kann, führt zu nichts. Wenn du ein kleiner Markt bist, musst du umso kreativer sein."

Frank Holderied, Leitung strategische Programmplanung, Programmeinkauf, fiktionale Eigenproduktion von Servus TV, skizzierte...

  • künftige Erfolgsmodelle, die sich trotz Corona und Konkurrenz von der jetzigen Strategie des Red-Bull-Senders offenbar nicht sonderlich unterscheiden:
    "Der Weg, den wir gehen – sehr lokal, sehr regional zu sein .- ist der richtige, um den Netflixern und Amazons begegnen zu können. Die Plattformen werden à la longue auch lokale Partner suchen."
  • Konkurrenz:
    "Wir sehen die Konkurrenz, aber wir machen ein authentisches österreichisches Programm. Wir haben keinen fixen bürokratisch verwalteten Entwicklungstop. Wenn das richtige Produkt kommt, werden wir umschichten und Mittel finden."

Dorfilm-Chef Danny Krausz geht es um die Frage,

  • wie Produktionen künftig finanziert werden sollen bei Umsatzeinbußen von 70 und mehr Prozent. Er sieht die Entwicklungsabteilungen gefordert:
    "Auf der einen Seite wollen wir qualitativ produzieren, dafür braucht es entsprechende Mittel, um eine qualifizierte Entwicklung zu bestreiten. Entwicklungsfinanzierung ist das große Thema." (prie, 23.9.2020)

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