Am Beispiel des Begriffs "Nachhaltigkeit" kann man immer öfter beobachten, wie eine an sich vernünftige Idee durch inflationäre Verwendung in PR-Texten und Werbung entwertet wird.

Als ein diesbezüglicher Höhepunkt darf ein im Printprodukt "Österreich" – dem Sammelmedium für PR-Texte aller Art – erschienener PR-Text der Firma XXX Lutz gelten. Darin wird die ökologische Obszönität eines im Restaurant des Einrichtungshauses servierten "Riesenschnitzels-mit Pommes-zum-Minipreis-von-2,50-Euro" mit den Worten "beste Qualität und Nachhaltigkeit" verteidigt. Logischer nächster Schritt wäre, dass uns die Welser Möbeltandler die von ihnen praktizierte Steuertrickserei als Beitrag zu Nachhaltigkeit maltesischer Briefkastenfirmen verkaufen.

Aber wer weiß, vielleicht wird der Nachhaltigkeitsgedanke ja künftig auf Bereiche ausgeweitet, wo man ihn bislang nicht vermutet hätte. Zum Beispiel auf das Feld der Korruption. Während im "Parlamentarischen Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung" die Korruption von gestern aufgearbeitet wird, macht sich die neue Bundesregierung Gedanken zur Korruption von morgen. Diese soll nicht mehr wie bisher unkontrolliert wild wuchern, sondern stattdessen die Möglichkeit haben, die Rahmenbedingungen eines staatlich geordneten Umfeldes zu nutzen.

Korruption soll nicht mehr wie bisher unkontrolliert wild wuchern.
Foto: imago/Martin Bäuml

Als solches bietet sich die von der Regierung ins Leben gerufene "Covid-19 Finanzierungsagentur" Cofag geradezu ideal an. Schon ihr Gründungsgedanke liefert dafür beste Voraussetzungen. Anstatt der naheliegenden Lösung, die Auszahlung von 15 Milliarden Euro Hilfsgeldern für Unternehmen über die Finanzämter zu regeln, wurde dafür eine GesmbH erfunden. Dadurch wird das Interpellationsrecht – das Recht des Parlaments, die Regierung um Auskunft in konkreten Angelegenheiten zu ersuchen – umgangen.

Lästige Fragen

Nicht nur Abgeordnete der Opposition können somit nicht mehr mit lästigen Fragen wie "Wer bekommt wie viel Steuergeld und warum?" nerven. Auch Antragsteller können sich die Bitte um Begründung, warum ihr Hilfsantrag abgelehnt wird, sparen, denn Cofag-Beiratsmitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Bleibt als letzte Hoffnung der Rechnungshof? Nein, denn auch dessen Ansinnen nach begleitender Kontrolle kann die Agentur mit einem herzhaften "Cofag yourself" abschmettern.

Hier wird also gerade ein blickdichter Darkroom für künftige Mauscheleien geschaffen. Wie finster der wird, lassen die jüngsten Vorgänge rund um einen 800.000-Euro-Vertrag der Cofag mit einer zunächst geheimgehaltenen PR-Agentur erahnen. "Das Geld fließt nicht in Eigen-PR, sondern etwa in die Betreuung der Homepage oder die Beantwortung von Medienfragen", meint Cofag-Geschäftsführer Bernhard Perner im STANDARD.

Da sollten sich nicht nur eine Luxus-Homepage, wie einst jene der Industriellenvereinigung für Karl-Heinz Grasser, sondern auch die Beantwortung ganz vieler Medienfragen ausgehen.

Hier ist meine: Versteht die derzeit groteskerweise auch an einem Informationsfreiheitsgesetz arbeitende Bundesregierung das Anlegen eines künftigen Korruptionssumpfes als Beitrag zu ökologischer Nachhaltigkeit? (Florian Scheuba, 23.9.2020)