Juliane Bogner-Strauß, Gesundheitslandesrätin in der Steiermark, diskutierte mit Experten beim Kongress für Primärversorgung an der Med-Uni Graz über den Corona-Herbst.

Foto: Newald

Mit der kälteren Jahreszeit geht auch die Corona-Pandemie in eine neue Phase. Die Zahl der Erkältungserkrankungen hat dieses Jahr bereits Anfang September begonnen zu steigen. Jeder Husten, jeder Schnupfen und erhöhte Temperatur versetzen derzeit die Menschen in Angst und Schrecken – es könnte ja Sars-CoV-2 sein.

Das spüren auch Österreichs Allgemeinmediziner. Im Gegensatz zum Lockdown wollen die meisten Hausärzte ihre Rolle in der Pandemie-Bewältigung aktiver gestalten und dafür Testungen dort durchführen, wo sie auch sinnvoll sind. Die Medizinische Universität Graz unter der Federführung von Andrea Siebenhofer-Kroitzsch organisierte einen Kongress zum Thema Primärversorgung, im Rahmen dessen Hausärzte ihre Erfahrungen aus dem letzten halben Jahr in Webinaren teilten und dabei über Themen sprachen, die auch für Patientinnen und Patienten verständlich und rückversichernd sind. Interessierte können sie ab sofort online abrufen.

Was jetzt anders ist

Das Ziel: Im Gegensatz zum Lockdown sollen Patienten bei Krankheitssymptomen auch wieder zum Hausarzt, denn was medizinische Laien als Sars-CoV-2 einstufen, sei oft nur eine Bronchitis oder eine Angina, sagt Stefan Korsatko, Mitveranstalter des Kongresses und selbst als Hausarzt in einem Primärversorgungszentrum in Graz tätig. "Die Menschen haben ein enormes Informationsbedürfnis", sagt er. So wie er sind viele seiner Kolleginnen und Kollegen mit der Beantwortung von Telefonaten und E-Mails befasst.

Seine wichtigste Message an alle, die sich krank fühlen: "Ordinationen sind sichere Orte für Menschen, die krank sind." Er und seine Kollegen haben sich auf die Pandemie eingestellt, also räumliche oder auch zeitliche Trennungen für Patientengruppen eingeführt. Es gibt Schutzkleidung und viel mehr Wissen über das Virus.

Juliane Bogner-Strauß, Gesundheitslandesrätin der Steiermark, betonte, dass es nun im Herbst um den besten Point-of-Care für Patientinnen und Patienten gehe. "Die Hotline 1450 bleibt ein großartiges Tool – vor allem auch außerhalb der Ordinationszeiten", sagte sie. In der Diskussion mit dem Public-Health-Experten Martin Sprenger und Franz Allerberger, dem Leiter des Geschäftsfeldes Öffentliche Gesundheit in der Ages, ging es dann auch um die erworbenen Fakten der letzten acht Monate.

Kinder ohne Gefahr

Besonders beruhigend für beide Experten: Kinder spielen bei der Verbreitung der Erkrankung keine Rolle, sie bilden also keine Cluster und können problemlos in die Schule, wenn sie keine Krankheitssymptome haben. Das zeigen die Daten sehr eindeutig. "Wir müssen da die Angst rausnehmen", sagte auch Bogner-Strauß. Und Sprenger betonte: "Nur eines von 1.000 Kindern wird positiv auf Sars-CoV-2 getestet," diese Zahl solle Eltern beruhigen, denn praktisch keine Kinder sind an Covid-19 verstorben. "Da ist Schlittenfahren wesentlich gefährlicher", betonte Allerberger.

Allgemeinmediziner Korsatko betonte jedoch, dass die Angst vielmals den Großeltern gelte, dass also die Kinder Oma und Opa anstecken. Bogner-Strauß appellierte an den Hausverstand. Wenn Kinder krank sind, sollten sie diese Saison eher zu Hause bleiben. "Oder zur Abklärung zum Kinderarzt", warf Korsatko ein, denn Übertragungen von Infekten zwischen Enkelkindern und Großeltern sollten eigentlich, so wie jedes Jahr, tendenziell vermieden werden.

Besser kommunizieren

"Das Coronavirus wird auch nicht mehr verschwinden", so Allerberger, man müsse damit leben lernen. "Es geht auch darum, Kollateralschäden zu vermeiden", so Bogner-Strauß – und meinte damit die Versorgung von sämtlichen anderen Erkrankungen.

Gemeinsame Kommunikation spielt dabei eine Schlüsselrolle – darüber war man sich einig. Gelungene Aufklärung ohne Polarisierung und Panikmache sowie das Einhalten von Hygieneregeln wird die größte Herausforderung im ersten Corona-Herbst sein. (Karin Pollack, 26.9.2020)