Rekord beim Verhandeln der Metallerlöhne: Metallgewerkschaftschef Rainer Wimmer (li.) und Karl Dürtscher von der GPA.

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Wien – Die Metaller haben den Sack am Donnerstag überraschend schnell zugemacht. Statt das traditionelle langwierige Ritual zu pflegen, wurde die Inflationsabgeltung fixiert. Ist- und Mindestlöhne sowie -gehälter werden um 1,45 Prozent erhöht – und zwar nicht nur für die Metalltechnische Industrie, sondern für die ganze Metallindustrie. Somit bekommen rund 190.000 Metallarbeiter und Industrieangestellte in Metallverarbeitung/Maschinenbau, Gießereien, Bergbau/Stahl, Fahrzeug- sowie Nichteisenmetallindustrie die gleiche Erhöhung. Auch Lehrlingsentschädigungen, Zulagen und Aufwandsentschädigungen werden im selben Ausmaß angehoben, teilten die Verhandlungspartner eine Stunde nach der Forderungsübergabe mit.

Damit ist den Verhandlern ein Rekord sicher: So schnell ist in der Geschichte der Kollektivverträge in Österreich noch nie ein Lohnabschluss in einer der wichtigsten Branchen fixiert worden.

Einziger Wermutstropfen: Bei der Corona-Prämie nach Vorbild der Elektro- und Elektronikindustrie sind die Beschäftigten auf Wohlwollen und Finanzkraft ihrer Arbeitgeber angewiesen. Es gibt keine Verpflichtung für die Unternehmen, sondern lediglich eine Empfehlung – für jene Betriebe, die es sich leisten können, wie es ein Kammerfunktionär ausdrückte. "Eine Lohnerhöhung sichert zwar Einkommen, aber keinen einzigen Arbeitsplatz", mahnte denn auch der Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie, Christian Knill. Dieser Abschluss sei als "klare Anerkennung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" zu werten, die metalltechnische Industrie sei auch in schwierigen Zeiten ein verlässlicher Arbeitgeber.

Vertretbarer Abschluss

Wifo-Einkommensexperte Thomas Leoni hält den Abschluss für eine "recht gute Lösung", das sei ein vertretbarer Abschluss. Dass es keine verpflichtende Corona-Prämie gibt, erklärt der damit, dass seit den vorangegangenen KV-Abschlüssen wie in der Elektroindustrie Monate vergangen seien und sich die trüben Aussichten in Fahrzeug- und Metallindustrie verdichtet haben.

Die bei der Forderungsübergabe vorgeschlagene Einmalprämie von 550 Euro war dem Vernehmen nach bereits am Mittwochabend vom Tisch. Da hatten sich die Verhandler in kleiner Runde zwecks Abstimmung getroffen. "Nicht nachhaltig und keine Kaufkraftsicherung", so die Devise der Verhandler rund um Metallgewerkschaftschef Rainer Wimmer und Karl Dürtscher von der Privatangestelltengewerkschaft GPA. Ein Teil der Arbeitnehmer hätten bereits mit der Kurzarbeit enorme finanzielle Opfer erbracht, ein Einfrieren der Löhne und Gehälter sei daher nicht zumutbar. Aktuell sind allein in der metalltechnischen Industrie rund 40.000 Beschäftigte in Kurzarbeit. In der Warenherstellung insgesamt sind rund 40 Prozent auf Kurzarbeit.

Arbeitsplätze unter Druck

Wie viele Unternehmen die etwas unattraktivere Verlängerung bis ins Frühjahr 2021 hinein in Anspruch nehmen, war am Donnerstag nicht in Erfahrung zu bringen. Branchenkenner erwarten eher Arbeitsplatzabbau, die Auftragsbücher seien spärlich gefüllt, insbesondere in den von der Automobilindustrie abhängigen Branchen. Deshalb sei ein Durchtauchen hin zu besseren Zeiten nicht so einfach möglich. Da helfe die bis Ende 2023 vereinbarte Ausweitung von Minusstunden von 120 auf 180 wohl nur bedingt. Sie kann nur von Unternehmen mit Zeitkonten-Modell in Anspruch genommen werden. Die Betriebe sichern sich damit Flexibilität für kurzfristig hereinkommende Auftragseingänge. Die von den Gewerkschaftern mit dem maßvollen Abschluss erkaufte Jobsicherung bleibt vor diesem Hintergrund wohl eher eine Illusion. Wohin die Reise geht, zeigen Swarovski, MAN, FACC und Voestalpine, die bereits Arbeitsplatzabbau eingeleitet haben. (Luise Ungerboeck, 25.9.2020)