Ausreichende Deutschkenntnisse, was heißt das?

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Wien ist ein gottverlassener Höllenpfuhl. Das wissen wir, die wir hier wohnen, seit ewig und einem Tag, darauf hätte uns Gernot Blümel nicht erst aufmerksam machen müssen. Türken, die mitten auf dem Graben provokant ihre Hammel braten, oder Seitengassen des Gürtels, die man nur mit einem Dutzend Eierhandgranaten betreten kann: Das ist Alltag in der maroden "Bundeshauptstadt".

Dabei haben wir vom unverständlichen Geraune, in dem die Migrationshintergründler ihre Deals abwickeln und gegen uns Österreicher intrigieren, noch gar nicht gesprochen. So gesehen ist es natürlich eine Königsidee von Blümel, allen Fremdlingen erst einmal ausreichende Deutschkenntnisse abzuverlangen, ehe sie sich in Wiener Gemeindewohnungen breitmachen dürfen.

Eines bleibt freilich unklar: Ausreichende Deutschkenntnisse, was heißt das? Hier eine Minimalliste sprachlicher Fähigkeiten, die absolut unabdingbar sind und üblicherweise auch von allen autochthonen Österreichern tadellos beherrscht werden: korrekte Unterscheidung des Relativpronomens "das" von der Konjunktion "dass" . Orthografisch richtige Wiedergabe gängiger Fremdwörter wie "Asymmetrie", "projizieren ", "Rhabdomyolyse". Eine mit validen stilistischen Argumenten begründete Verwendung von und Differenzierung zwischen Verben im Konjunktiv eins und zwei. Usf., usf.

Weil man dieses Wissen schnell einmal drauf hat, wäre es allerdings angezeigt, Zusatzhürden in Form von Fragen über Österreichs Dialektbestände einzubauen. Wie lautet die gängige Vorarlberger Variante für das Mittelwort der Vergangenheit von "sein"? (Korrekte Anwort: "gsi".) Welches ist der schönste Tiroler Fluch? ("Dem Herrgott sollen seine drei peschten Erzengel verrecken".)

Das Wissen könnte natürlich auch per Multiple-Choice-Test abgefragt werden. 1) Was verstehen Sie unter einem "Schneebrunzer"? a) Ein Schmalzgebäck. b) Einen alten Trottel. c) Einen Skirennläufer. 2) Was meinen Wiener mit einer "Schastrommel"? a) Ein Schlagzeug, das Furzgeräusche von sich gibt. b) Die Südosttangente. c) Eine betagte, korpulente und schwatzhafte Dame.

Das ist nicht mehr so einfach zu beantworten. Eben darin liegt der Sinn der Sache. Schließlich brauchen wir nicht jeden Erstbesten, irgendwie daherbrabbelnden Fremden mitten im Gemeindebau. (Christoph Winder, ALBUM, 26.9.2020)