Online gibt es Hilfe für jene, die die Vor-Corona-Großraumbüro-Geräusche vermissen.

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Irgendwo klingelt das Telefon, jemand hämmert hektisch auf seine Tastatur. Weit entfernt sind gedämpfte Stimmen zu vernehmen, mit etwas Fantasie auch eine Kaffeemaschine und ein Kopierer. All das kann ich hören, während ich allein in meinem Homeoffice in Wien-Meidling sitze. Bevor Sie jetzt anfangen, an meinem Verstand zu zweifeln: Auf Youtube gibt es eine riesige Auswahl an Geräuschkulissen, mit denen man sich Büro-Atmosphäre ins Wohnzimmer holen kann. Einen ganzen langen Bürotag lang: Die Aufnahme meiner Wahl dauert stolze zehn Stunden.

Das klingt gut. Ich vermisse die Vor-Corona-Büro-Atmosphäre, das geschäftige Werken an den Schreibtischen, die kurzen Schwätze mit den Kolleginnen und Kollegen auf dem Weg zum Kopierer, und manchmal – aber wirklich nur manchmal! – fehlt mir sogar der Kaffee aus dem Büro. Oder zumindest die vielen Gespräche darüber.

Dreistündiges Gewitter

Aber schon nach einer Minute des Büro-Sounds aus der Konserve ist klar: Das funktioniert nicht. Die Geräusche nehme ich als Lärm wahr. Im Büro war das wahrscheinlich auch nicht anders, überlege ich. Zumindest habe ich mir gern Kopfhörer aufgesetzt, um den Sound, den ich mir jetzt freiwillig anhöre, nicht mitzukriegen.

Ich drücke auf Pause. Und klicke mich durch weitere "ambience sounds". Der aus einer Bibliothek ist sympathisch, da hört man nur Seiten, die umgeblättert werden. In eine Schreibstube aus den 1930er-Jahren (!) kann man reinhören, da knistert obendrein ein Feuer. Zu heimelig für den Spätsommer. Zur Einstimmung für den Herbst kann man sich ein dreistündiges Gewitter reinziehen, dramatisch. Auch nicht schlecht für Großstädterinnen: Waldgeräusche. Oder Zugfahrten. Verkehrsgeräusche aus Manhattan, hach! Genug. Ich entscheide mich für Stille. Und den Sound of Meidling. (Franziska Zoidl, 25.9.2020)