Wenn Marketing auf Jugendkultur trifft: Der DJ und Veranstalter Gerald VDH steht jetzt am Karlsplatz. Zumindest bis die Müllabfuhr kommt.

Foto: Stefan Joham

Es ist in erster Linie ein guter Guerilla-Marketing-Gag von A1 Now, dem Fernsehsender des Mobilfunkers: In dessen Musiksendung für die Generation Z, Feng Sushi, hat man die jungen Konsumenten abstimmen lassen, wessen Antlitz ein "Denkmal für Clubkultur" zieren sollte. Gerald Wenschitz alias Gerald VDH, Veranstalter der Technoparty-Reihe Meat Market, Produzent und LGTBQ+-Aktivist, machte das Rennen – nun steht sein 3D-gedrucktes Profil auf einem Sockel am Karlsplatz: So sieht also ein Denkmal für Clubkultur aus.

Die Stadt Wien hat es bis jetzt noch nicht gekübelt; vielleicht ist Bürgermeister Michael Ludwig auch noch nicht mit der Müllabfuhr vorbeigekommen. Offiziell wurde das Monument von der Stadt nämlich nicht genehmigt, wie die Pressesprecherin von A1 Now bestätigt. Nicht, weil man das nicht versucht hätte – positive Gespräche mit Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler soll es diesbezüglich gegeben haben. Der behördliche Weg hätte zu lange gedauert, man wählte also kurzerhand den Weg der Eroberung des öffentlichen Raums.

Wenn ein Denkmal für Clubkultur, dann jetzt. Seit Monaten befürchtet die Szene ein großes Clubsterben, außerdem passt ein zeitgemäßes Monument freilich gut in die aktuellen Diskurse um zweifelhafte Helden wie Dr. Karl Lueger, den besonders eine jüngere Generation gerne vom Sockel am Ring stoßen würde. Wenn das schon nicht geht, müssen eben neue Ikonen her.

Wer bringt Kultur in den Club?

Auch wenn die Stadt Wien den goldenen Wenschitz wohl nicht offiziell zum Denkmal machen wird, so versprach sie der Clubszene doch zumindest ganze drei Millionen Euro. 30.000 Euro soll ein einzelner Club, oder besser eine einzelne Musikspielstätte, erhalten können. Das freut die Szene zwar prinzipiell, berechtigte Kritik wurde aber schnell laut. Auch Gerald Wenschitz gibt im Gespräch mit dem STANDARD zu bedenken, dass "diese Wahlkampfmaßnahme auch jene betreffen sollte, die Kultur überhaupt erst in den Club bringen."

Noch sind die genauen Bedingungen für die Förderung nicht ausverhandelt. Wenschitz hofft, dass nachgeschärft werden wird, also nicht nur Orte unterstützt werden, sondern auch "externe" Veranstalterkollektive, Einzelpersonen oder eher im subkulturellen Bereich angesiedelte Clubfestivals beziehungsweise deren Macher. Die Förderung wird über die Wirtschaftsagentur abgewickelt werden, wo man um sie ansuchen können wird. Eine Jury wird über die Vergabe der Förderungen entscheiden.

Geld kommt auch vom Bund

Veranstaltungen gibt es freilich nicht nur in Wien. Für die schwer gebeutelte Szene wird es auch weitere Hilfe vom Bund geben. Zwar lässt die Genehmigung der zweiten Phase des Fixkostenzuschusses, die im Idealfall Ausfälle bis zu 100 Prozent kompensieren könnte, noch auf sich warten, allerdings würde es sich dabei ohnehin um eine Kompensation im Nachhinein handeln. Trotzdem fließt auch aktuell Geld, nämlich jenes aus der ersten Phase des Fixkostenzuschusses, der allerdings nicht 100 Prozent abdeckt.

Am Freitag hat die Regierung deswegen einen Rettungsschirm von zusätzlichen 300 Millionen Euro in Aussicht gestellt, der Veranstaltern die vielerorts geforderte Planungssicherheit zurückgeben soll. Auf Rückfrage des STANDARD bei Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer soll dieser auch für die Clubszene gelten. Funktionieren werde er wie eine Versicherung: Sollte ein Event wegen verschärfter Corona-Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt stattfinden können, will die Regierung anfallende und nicht mehr stornierbare Kosten, etwa für Raummieten, Technik oder Personal, übernehmen.

DER STANDARD

"Auch wenn die detaillierten Richtlinien noch auszuarbeiten sind, ist es gut, dass Veranstalter*innen endlich eine Art Planungssicherheit zugesprochen bekommen haben. Bleibt zu hoffen, dass der Beginn der Maßnahmen wirklich November ist", sagt Martina Brunner von der Vienna Club Commission.

Die Situation für Clubkultur-Veranstalter bleibt freilich trotzdem alles andere als rosig, auch wenn die Maßnahmen für einige Existenzen und Orte sicherlich lebensverlängernd sind. Echte Abhilfe, aber das gilt für alle Bereiche, wird erst die Impfung bringen. (Amira Ben Saoud, 26.9.2020)