Nach einem dramatischen Polizeieinsatz am Donnerstagabend beim berühmt-berüchtigten Bierwirt im achten Wiener Bezirk standen am Freitag die Einvernahmen des Beschuldigten sowie von Zeugen an. Im Zuge des aufsehenerregenden Vorfalls waren mehr als ein halbes Dutzend Streifenwagen vorgefahren, allesamt mit Blaulicht.

Seit gut zwei Jahren sind die Gerichte mit der Causa "Bierwirt gegen Maurer" beschäftigt, sein Lokal geriet schon Ende Mai 2018 ins Gerede – nun soll der Mann einen Passanten attackiert haben.
Foto: Regine Hendrich

Bei der Wiener Polizei bestätigte man prompt den Einsatz beim Craft-Beer-Shop, der seit zweieinhalb Jahren im Gerede ist: "Ein Beschuldigter wurde wegen Nötigung, Sachbeschädigung und waffenrechtlicher Übertretung vorläufig festgenommen", erklärte man dort – "weil er laut Aussage einen Passanten bedroht und genötigt haben soll". Darüber hinaus habe es für ihn noch eine Anzeige "wegen Anstandsverletzung" gegenüber den einschreitenden Beamten gesetzt.

Elektroschocker sichergestellt

Freitagmittag wurde dann via APA publik, dass der Bierwirt selbst randaliert haben soll, danach wurden bei ihm angeblich 1,44 Promille Alkohol im Blut festgestellt. Der Lokalbetreiber liefert sich seit dem Frühjahr 2018 einen Rechtsstreit mit der Grünen-Politikerin Sigrid Maurer, damals ohne Mandat, jetzt Klubobfrau, weil sie von dessen Account äußerst obszöne Privatnachrichten via Facebook erhalten hat.

Der Mann bestreitet bis heute, die Botschaften abgesetzt zu haben, Gäste in seinem Lokal hätten Zugang zu seinem Computer gehabt – er klagte Maurer wegen übler Nachrede. Beim letzten Prozesstag am 11. September legte der Bierwirt plötzlich ein Bekennerschreiben seines Kunden und Freundes "Willi" vor, in dem dieser gesteht, die Obszönitäten von einst abgeschickt zu haben.

Aktuell soll der 42-Jährige nun im Detail einen Passanten mit einem Elektroschocker bedroht, eine Scheibe eingeschlagen sowie Polizisten beschimpft haben. Nach seiner Einvernahme wurde er noch vor dem Wochenende auf freien Fuß gesetzt – aber eben eingedeckt mit gleich mehreren Anzeigen.

Der 63-jährige Passant wiederum soll vor dem Lokal Platz genommen haben und eigenen Angaben zufolge vom angetrunkenen Bierwirt aufgefordert worden sein, einen Abgang zu machen. Als er der Anweisung nicht nachkam, soll der Bierwirt seinen Kontrahenten mit einem als Taschenlampe getarnten Elektroschocker bedroht haben. Der Attackierte blieb zwar unverletzt, doch der Bierwirt selbst soll sich beim Einschlagen einer Glasscheibe Schnittverletzungen an den Händen zugezogen haben. Schon vor seiner Festnahme bestand gegen den Lokalbetreiber ein aufrechtes Waffenverbot. Seine Einvernahme brachte offenbar wie in dem neu aufzurollenden Prozess gegen Maurer wenig Erhellendes ans Licht, denn: Er könne sich an nichts erinnern, berichtete Polizeisprecher Marco Jammer.

Passant heißt nicht "Willi"

Am Wiener Straflandesgericht wiederum hätte Maurers Kläger bis 18. September den vollständigen Namen von "Willi" sowie eine konkrete Adresse bekanntgeben müssen. Allein: "Bis dato sind keine Informationen und Unterlagen hinsichtlich der Identität und der Adresse des Herrn Willi eingelangt", erklärte man im Grauen Haus auf Anfrage.

Der Passant, mit dem der Bierwirt vor seinem Lokal aneinandergeraten war, soll übrigens nicht auf den Namen "Willi" hören. "Willi" ist auch nicht der erste Unbekannte, den der Bierwirt in der Causa Maurer angeführt hat. Im ersten Prozess im Herbst 2018 gab er an, nach der Aufregung mit Maurer habe ihm eine Frau gesagt, dass sich "ein älterer Herr mit schütterem Haar" an seiner Theke, in PC-Nähe, herumgetrieben habe. Unter anderem deswegen könnte dem Bierwirt auch ein Verfahren wegen falscher Zeugenaussage drohen. Zum Ermittlungsstand in diesem Nebenstrang hieß es auf Anfrage bei der Staatsanwaltschaft Wien, dass das Verfahren "noch immer anhängig" sei. (Jan Michael Marchart, Nina Weißensteiner, 25.9.2020)