Polizeieinsatz in Minsk, 23. September.

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Minsk – Wenige Tage nach der Amtseinführung des umstrittenen Staatschefs Alexander Lukaschenko in Belarus (Weißrussland) hat die Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja die Menschen zu neuen Protesten aufgerufen. "Gemeinsam können wir unser Ziel erreichen: ehrliche Neuwahlen. Und als Ergebnis wird es dann eine offizielle, rechtmäßige Vereidigung geben", sagte sie in einem Video am Freitag.

Die Opposition plant am Wochenende neue Massenproteste, bei der Tichanowskaja symbolisch bei einer "Amtseinführung des Volkes" zur Präsidentin ernannt werden soll. Bei der Aktion werden Hunderttausende Menschen erwartet.

Lukaschenko hatte sich bei der von massiven Manipulationen überschatteten Wahl im August mit mehr als 80 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen – nach 26 Jahren an der Macht. Am Mittwoch wurde der als "letzter Diktator Europas" bezeichnete Politiker dann ohne vorherige Ankündigung zum sechsten Mal in dem Amt vereidigt. Daraufhin nahmen die Proteste wieder an Fahrt auf. Die Sicherheitskräfte griffen dabei ungewöhnlich hart durch; Hunderte wurden festgenommen.

Baltenstaaten weiten Sanktionen aus

Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben ihre unabhängig von der EU verhängten Sanktionen gegen die autoritäre Führung in Belarus ausgeweitet. Die Außenministerien in Tallinn, Riga und Vilnius veröffentlichten am Freitag neue schwarze Listen mit weiteren rund 100 Personen, die für die Fälschung der Präsidentenwahl und die Gewalt gegen friedliche Demonstranten verantwortlich gemacht werden.

Bisher befanden sich auf den Listen etwa 30 Personen – darunter auch der weißrussische Staatschef Alexander Lukaschenko. Den Betroffenen ist die Einreise in die drei baltischen EU-Länder untersagt. Neu auf den schwarzen Listen sind mehrere Richter des weißrussischen Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichtshofs sowie Beamte des Sicherheitsrates, der Staatsanwaltschaft und der Sicherheitsbehörden. Auch Namen von Abgeordneten des Parlaments und Mitarbeitern der Präsidialverwaltung finden sich darauf.

Seit der Abstimmung im August folgten jeden Sonntag Hunderttausende dem Aufruf der Opposition. In der Hauptstadt Minsk ist um 13.00 Uhr MESZ eine Großdemonstration geplant, bei der eine Neuwahl und die Freilassung politischer Gefangener gefordert werden. Zudem wollen die Menschen eine sichere Rückkehr von Tichanowskaja erreichen, die nach der Wahl von den Behörden zur Ausreise in das EU-Land Litauen gedrängt worden war. (red, APA, 25.9.2020)