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Coney Barrett ist eine der jüngsten Kandidatinnen für das Höchstrichteramt.

Foto: AP Photo/Alex Brandon

Bereits am Freitag machte das Gerücht in Washington die Runde, am Samstagabend um 17 Uhr Ortszeit hat US-Präsident Donald Trump es im Weißen Haus offiziell gemacht: die 48-jährige, streng konservative Juristin Amy Coney Barrett soll der kürzlich verstorbenen Liberalen Ruth Bader Ginsburg im Amt der Höchstrichterin nachfolgen.

Die siebenfache Mutter, die als strikte Abtreibungsgegnerin gilt, dürfte die fünfte Frau im neunköpfigen Kollegium des US-Supreme Court werden, deren Mitglieder auf Lebenszeit ernannt werden. Die Nominierung, die aufgrund der republikanischen Mehrheit im Senat ihre Wahl so gut wie fix macht, ändert somit auf Jahre hinaus die Kräfteverhältnis im obersten Gericht der USA: sechs konservative Richter stehen dann drei Liberalen gegenüber.

Coney Barrett und ihre Familie verlassen am Samstag ihr Haus in Richtung Washington.

Religion und Rechtssprechung

Coney Barrett ist die jüngste Kandidatin für das Höchstgericht seit 1991, als George H. W. Bush den 43-jährigen Juristen Clarence Thomas nominierte. So wie Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh, die beiden anderen Höchstrichter, die Trump 2017 und 2018 ins Amt brachte, dürfte Coney Barrett die US-Justiz schon aufgrund ihres jungen Alters jahrzehntelang mitprägen – und dies wohl auf eine denkbar konservative Art.

Als Tochter eines Anwalts und einer Hausfrau nahe New Orleans geboren, besuchte sie eine katholische High School und studierte anschließend Rechtswissenschaften an der katholischen Privatuniversität Notre Dame im US-Bundesstaat Indiana. Anschließend arbeitete sie als Rechtsreferentin für den verstorbenen konservativen Höchstrichter Antonin Scalia. Danach unterrichtete sie fünfzehn Jahre lang Jus an ihrer Alma Mater.

2017 schließlich folgte die Beförderung zur Bundesrichterin am Bundesberufungsgericht für den siebten Gerichtskreis in Chicago – schon damals war ihre Ernennung umstritten. Angehörige des Justizausschusses des Senats stellten ihre Fähigkeit in Frage, ihre religiösen Überzeugungen klar von ihrer Rechtssprechung zu trennen. "Das Dogma lebt laut in Ihnen, und das ist besorgniserregend", meinte die demokratische Senatorin Dianne Feinstein damals. Die Kritisierte wiederum beteuerte, sich von ihrem Glauben nicht beeinflussen zu lassen – und kam damit ins Amt.

Streng konservative Linie

Ideologisch wird die designierte Höchstrichterin der juristischen Schule des Originalismus zugerechnet, in der die Verfassung so ausgelegt wird, wie es zu ihrer Entstehungszeit beabsichtigt war. In ihrer Zeit als Bundesrichterin zeigte Coney Barrett eine klare konservative Linie. Sie lehnt Abtreibung, die kirchliche Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe sowie die Todesstrafe ab. Zusammen mit ihrem Mann ist die strenggläubige Katholikin Mitglied einer religiösen Splittergruppe namens "People of Praise", in der Frauen ihren Männern und dem geistlichen Oberhaupt gegenüber Gehorsam versprechen.

Noch bevor nun das offizielle Auswahlverfahren mit den Anhörungen im Senat beginnt, äußern sich Demokraten besorgt, dass Coney Barrett ihr Amt nutzt, um das seit 1973 geltende Recht auf Abtreibung in Frage zu stellen. Zeit dafür bleibt ihr wohl genug. (rio, flon, 26.09.2020)