Heinz-Christian Strache siegt – vorläufig – gegen das rote Medium kontrast.at.

Foto: apa / herbert neubauer

Wien – Sollte Heinz-Christian Strache mit seiner Klage das Ziel verfolgt haben, dass die Sache mit den Medikamenten nicht mehr öffentlich diskutiert wird, ist er wohl gescheitert – auch wenn er am Montag vor Gericht gewonnen hat. Im Prozess am Wiener Landesgericht ging es um einen Artikel auf kontrast.at, einer Plattform des SPÖ-Parlamentsklubs: Dort wurde ausführlich über alle Facetten von Straches Spesenskandal berichtet – unter anderem über private Medikamente, die er der Partei verrechnet haben soll.

Der ehemalige Vizekanzler behauptet, alle privaten Spesen der Partei retour überwiesen zu haben – aber darum ging es am Montag gar nicht. Strache klagte kontrast.at, weil die Berichterstattung über den Medikamentenkauf seinen höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt haben soll. Beide Seiten ließen sich bei der Verhandlung nur durch ihre Anwälte vertreten, Strache war nicht vor Ort.

Höchstpersönlich oder nicht?

Die Website hatte den Namen und die Wirkung des Medikaments veröffentlicht. Damit sollte er "einfach lächerlich gemacht werden, bloßgestellt werden", sagt Niki Haas, der Anwalt des früheren FPÖ-Chefs, bei der Verhandlung. Denn welches Medikament genau Strache der Partei verrechnete, "tut überhaupt nichts zur Sache".

Michael Pilz, der Anwalt des roten Mediums, sieht das naturgemäß anders: Denn wenn Strache private Ausgaben mit öffentlichen Geldern begleicht, bestehe "selbstverständlich ein Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben", wie es das Gesetz bei einer solchen Berichterstattung verlange. Dann dürfe auch in den höchstpersönlichen Lebensbereich eingegriffen werden.

Arznei ohne Ausreden

Pilz erklärt die Notwendigkeit, den Namen des Medikaments zu nennen, so: Strache habe für alle offenbar privaten, aber der Partei verrechneten Ausgaben eine Ausrede gefunden. Den Mietzuschuss rechtfertigten Repräsentationsaufgaben in der Privatwohnung, beim Kindergeburtstag der Tochter hätten sich auch Parteifunktionäre getroffen.

Bei der betreffenden Arznei sei aber zweifelsfrei sicher, dass sie nur eine private Funktion erfülle. Und: Hätte man nur von "einem Medikament" geschrieben, wie es DER STANDARD hier tut, hätte Strache argumentieren können, er bekomme bei Nationalratssitzungen stets Kopfweh und benötige deshalb Aspirin.

3.000 Euro

Für Richter Stefan Romstorfer ist die Sache klar: Kontrast.at habe in Straches höchstpersönlichen Lebensbereich eingegriffen. Mit der Nennung des Medikamentennamens habe der Leser automatisch eine Vorstellung von den Symptomen, die Strache demnach haben müsse. Er verurteilte den SPÖ-Klub zu einer Entschädigungszahlung von 3.000 Euro und Ersatz der Verfahrenskosten. Beide Seiten gaben keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. (Sebastian Fellner, 28.9.2020)