Plastikmüll bekämpfen, aber mit den richtigen Methoden: Die Sammlung von Einwegflaschen kommt in Österreich unverhältnismäßig teuer, weil sie nicht zur Abfallwirtschaft passt.

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Die Forderungen der Grünen nach einem Einwegpfand lassen sich mit der heimischen Abfallwirtschaft nicht praktikabel vereinen. Wichtig wäre eine realistische Folgekostenabschätzung, denn die Last der Mehrkosten drohen sonst die Konsumenten zu tragen.

Der Mensch produziert zu viel Plastik und wirft zu viel davon weg. Darüber herrscht inzwischen Konsens. Plastikmüll hat sich – neben der Klimaerwärmung – zu einem weiteren globalen Umweltproblem entwickelt. Die EU versucht mit einem kürzlich in Kraft getretenen Gesetzespaket, die Mitgliedstaaten zu mehr Kreislaufwirtschaft zu bewegen und den Plastikverpackungen den Kampf anzusagen. Österreich gehört bei der Abfallsammlung und -verwertung zu den führenden Ländern. Die im EU-Gesetzespaket geforderten und national umzusetzenden Sammelquoten für 2025 und 2030 erfüllt Österreich großteils schon jetzt.

In die dazu notwendige Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes wurden durch die Regierungsbeteiligung der Grünen postwendend alte Kernforderungen nach einem Einwegpfand und einer verpflichtenden Mehrwegquote bei Getränkeflaschen erhoben. Die unbeantwortete Frage dabei ist, ob derartige Maßnahmen überhaupt in unsere bisher durchaus erfolgreiche Abfallwirtschaft passen, und wenn ja, welchen Beitrag sie mit welchen Folgekosten zur zukünftigen Erfüllung der nationalen Sammelquoten liefern können. Das wäre Umweltpolitik mit Augenmaß und Weitblick, die auf Ökopopulismus verzichtet.

Bündel an Maßnahmen

Um ein so umfangreiches europäisches Gesetzespaket umzusetzen, braucht es ein Bündel an Maßnahmen: einerseits um Kunststoffverpackungen dort zu vermeiden, wo sie leicht ersetzbar sind, und anderseits um jene Verpackungen, die wir weiterhin brauchen, bestmöglich zu sammeln und im Recycling-Kreislauf zu halten. In der durch den grünen Vorstoß neu aufgeflammten Diskussion fehlt bisher ein ganz wesentlicher Aspekt: eine durchgerechnete, realistische Folgekostenabschätzung aller notwendigen Maßnahmen und wer letztlich für die Kosten aufkommen muss.

Im Bereich Klimaschutz hat das Umweltministerium durch jahrelange Diskussion mit allen Stakeholdern gelernt, zu jeder geplanten gesetzlichen Maßnahme die Vermeidungskosten je Tonne CO2 zu berechnen und daraus entsprechende Prioritäten abzuleiten. Eine derartige Folgekostenabschätzung ist auch zur zukünftigen Erreichung der nationalen Altstoffsammelquoten unabdingbar. Nur so können bewährte Regularien mit vergleichsweise geringen Kosten und einem großen Hebel gegenüber neu einzuführenden und damit naturgemäß teureren Maßnahmen abgewogen werden.

Politisch nicht notwendig

Derzeit werden Kunststoffgetränkeflaschen bereits zu circa 73 Prozent getrennt, gesammelt und zu rund 58 Prozent stofflich verwertet. Damit erfüllt Österreich schon jetzt die geforderten 50 Prozent Recycling im Jahr 2025. Somit wäre die Einführung eines Einwegpfands auf Getränkeflaschen vorerst politisch gar nicht notwendig.

Von den derzeit 300.000 Tonnen jährlich anfallenden Kunststoffverpackungen sind nämlich nur 14 Prozent Getränkeflaschen. Die primär geforderte Einführung eines Einwegpfands für Getränkeflaschen würde bei den derzeit kolportierten 30 Cent Pfand pro Flasche und bei der jährlich in Österreich in Verkehr gebrachten Anzahl von einer Milliarde Plastikflaschen etwa 300 Millionen Euro zweckbinden. Allein der durchschnittliche Pfandschlupf von geschätzten zehn Prozent würde die Konsumenten rund 30 Millionen Euro an Kaufkraft kosten. Dazu kommen Markteinführungskosten von 60 Millionen Euro und geschätzte Betriebskosten von jährlich 50 Millionen Euro.

Zehnfache Kosten

Das bedeutet im Klartext, dass der geforderte Anstieg zur Erfüllung der Sammelquote um etwa 10.000 Tonnen Getränkeflaschen bis 2030 jährlich etwa 92 Millionen Euro teurer ist: 30 plus 50 plus zwölf Millionen aus der Absetzung für Abschreibung. Das heißt, dass die Sammlung und Verwertung einer Tonne Einwegpfandflaschen mit 9200 Euro etwa das Zehnfache im Vergleich zur derzeitigen Sammelpraxis kostet. Das bedeutet weiters, der Konsument wird für ein Ökoprestigeprojekt unverhältnismäßig zur Kassa gebeten. Die gut funktionierenden bestehenden Systeme werden beschnitten und damit unwirtschaftlicher.

Mit dem Pfand allein wird man aber die Quote trotzdem nicht erreichen. Daher geht es primär darum, zu evaluieren, wie man die bewährten österreichischen Sammel- und Verwertungsstrukturen weiterentwickeln und die Zielvorgaben mit den bestehenden Strukturen erfüllen kann, damit die System- und Folgekosten für die Abfallwirtschaft und die Konsumenten möglichst gering gehalten und allfällig entstehende Mehrkosten fair verteilt werden. (Jürgen Wahl, 29.9.2020)