Der Verkehr ist das Sorgenkind in Österreichs Klimabilanz. Seit Jahren steigt der Ausstoß in dem Sektor an.

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Österreich ist in Sachen Treibhausgasreduktion im EU-Vergleich alles andere als ein Musterkind, vor allem im Verkehrssektor ist die Bilanz düster. Die von Türkis-Grün geplante Ökosteuer-Reform soll Verbesserungen bringen, der Weg dorthin ist weit: Die Maßnahmen sollen schrittweise in den nächsten zwei Jahren umgesetzt werden, die CO2-Steuer soll gar erst 2022 kommen. Die im Verkehrssektor geplanten Maßnahmen reichen jedenfalls bei Weitem nicht, um das Klimaziel zu erreichen, wie eine Studie des gewerkschaftsnahen Momentum Instituts zeigt.

Das ernüchternde Fazit des Thinktanks: Die Ökologisierung der Verkehrsabgaben würde nur ein Drittel der benötigten Einsparungen bis 2030 bringen. Studienautorin Anna Hehenberger spricht von einer notwendigen CO2-Reduktion von mindestens zehn Millionen Tonnen bis 2030; die sechs bekannten Maßnahmen würden zusammen aber nur bis zu 3,4 Millionen Tonnen vermeiden. Für die Studie, die größtenteils auf Zahlen des Umweltbundesamts beruht, wurden allerdings nur Maßnahmen im Mobilitätsbereich untersucht. Dieser ist für ein Drittel des gesamten Treibhausgasausstoßes verantwortlich. Andere Sektoren wurden in dem Papier nicht berücksichtigt. Nicht einberechnet wurden zudem Effekte, die durch die Einführung einer CO2-Steuer ab 2022 entstehen könnten.

Günstiges Tanken

Das größte Einsparungspotenzial sieht Hehenberger im Tanktourismus. Dieser verursachte im Jahr 2017 mehr als fünf Millionen Tonnen CO2. Die Ökonomin sieht die Abschaffung des Dieselprivilegs als zentrales Instrument, um dem Tanktourismus Einhalt zu gebieten. Würde dieser nur um die Hälfte reduziert werden, könnten pro Jahr 3,5 Prozent der gesamten Emissionen eingespart werden. Würde der Diesel-Mineralölsteuer-Satz an jenen von Benzin angepasst werden, also um rund 8,5 Cent erhöht, wäre Österreichs Dieselpreis knapp höher als jener Deutschlands. Dadurch würden wohl weniger Deutsche in Österreich tanken. Der Ausstoß würde damit natürlich nur verschoben werden und in der CO2-Bilanz Deutschlands aufscheinen, sagt Hehenberger. Der Schritt könnte aber dazu führen, dass Länder im Grenzbereich besser zusammenarbeiten und den Güterverkehr vermehrt auf die Schiene verlagern würden.

Mehr Güterverkehr auf der Schiene ist aus Klimasicht laut Momentum-Studie wünschenswert.
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Der nächstgrößte Hebel liegt laut Studie in der Ökologisierung der Normverbrauchsabgabe (NoVa). Hier könnten bis 2030 rund 230.000 Tonnen CO2 eingespart werden – etwa über eine stärkere Spreizung oder eine Abschaffung des maximalen Abgabensatzes. Die Einnahmen könnten zudem dafür genützt werden, um die übrigen Maßnahmen sozial verträglicher auszugestalten.

Auch bei der Reform der Pendlerpauschale ortet die Wissenschafterin großen Nachholbedarf – und ein CO2-Einsparungspotenzial von 170.000 Tonnen. Derzeit würden vor allem Besserverdiener davon profitieren, zudem seien Anreize zur Zersiedelung gegeben. Die Novelle muss laut der Forscherin auf jeden Fall sozial treffsicher gestaltet werden, um einen Ausgleich für einkommensschwache Pendler zu schaffen, die über keine öffentliche Anbindung verfügen.

Abgabe mit kaum Effekt

Ähnlich stark könnte auch eine Ökologisierung der Lkw-Maut die Klimabilanz aufbessern. Dabei sollten Gewinneinkommen aus Transportleistungen belastet werden, die eine abgasintensive Flotte führen, heißt es bei dem Thinktank. Dieser plädiert für eine nutzungsabhängige und stärker gespreizte Maut.

Die Flugticketabgabe, deren Umsetzung von der Regierung vorgezogen wurde, hat hingegen kaum Effekt auf die Klimabilanz. Nur 9.500 Tonnen CO2 könnten so bis 2030 eingespart werden. Zum Vergleich: Der jährliche Pro-Kopf-Ausstoß in Österreich liegt bei etwas mehr als neun Tonnen CO2. Daher sei eine weitere Anhebung der Abgabe nötigt, sagt die Ökonomin.

Kaum Effekt beim Dienstwagenprivileg

Noch geringer ist der Klimaeffekt beim Dienstwagenprivileg. Maximal 9.000 Tonnen CO2 könnten hier durch eine Ökologisierung bis 2030 eingespart werden. Die Studienautorin empfiehlt, den Sachbezug zu deckeln und Emissionsgrenzen zu senken. Immerhin würden nur knapp mehr als drei Prozent der Bevölkerung von der steuerlichen Begünstigung profitieren.

Die sechs Maßnahmen, die gemeinsam ein Volumen von 7,8 Milliarden Euro oder zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts ergeben, seien "Schritte in die richtige Richtung". Dahingehende Angaben der Regierung würden laut Studie nur vage bleiben. Bekanntermaßen geht die Arbeit der eigens eingerichteten Taskforce Öko-Steuer nur schleppend voran. Angesichts der notwendigen Klimabemühungen seien aber deutliche Nachbesserungen nötig, meint Hehenberger: "Da muss man sich noch andere Dinge überlegen." (Nora Laufer, 29.9.2020)