Im Kampf gegen häusliche Gewalt ist die am Montag im Sozialministerium vorgestellte "Toolbox Opferschutz" ein wichtiger Schritt – denn sie vermittelt Angehörigen der Gesundheitsberufe Handlungsanleitungen, um gewaltbetroffene Menschen, meist Frauen und Kinder, zu erkennen.

Falscher Optimismus: Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) dürfte unterschätzen, was neue Corona-Maßnahmen im Bezug aus häusliche Gewalt bedeuten könnten.
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Und die Box kommt zur richtigen Zeit: Herbst und Winter werden Corona-bedingt unter dem Stern des Social Distancing stehen. Ein solches vernunftsgebotenes, aber menschlichen Grundbedürfnissen entgegenstehendes Abstandhalten lädt das traute Heim, wo es nicht gilt, emotional zusätzlich auf. Homeoffice, Quarantänen, Folgen der zunehmenden Langzeitarbeitslosigkeit, das alles wird sich weiter in den eigenen vier Wänden abspielen, ohne absehbares Ende. Das verheißt nichts Gutes.

Mehr Hilferufe und polizeiliches Einschreiten gab es seit Corona schon bisher. So meldeten sich bei der Helpline unter der Nummer 0800 222 555 seit Lockdownbeginn im März um 38 Prozent mehr Frauen als davor. Und die Zahl von Betretungs- und Annäherungsverboten erhöhte sich von Februar bis August um mehr als 20 Prozent. Nun befürchten Antigewaltexperten, dass diese Meldungen weiter zunehmen werden. Das relativiert den Optimismus von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP), die meinte, in Sachen häusliche Gewalt sei Österreich "relativ gut durch die Krise gekommen". Was sie nämlich nicht bedachte: Die Krise ist noch lange nicht vorbei. (Irene Brickner, 28.9.2020)