Foto: ORF/Thomas Jantzen

Wien – Am Montag wurde im Wiener Wahlkampf die Phase der Fernsehduelle eingeläutet: Im Dreimal-zwei-Format treffen bis Freitagabend die Spitzenkandidaten und die einzige Frau im Rennen auf ORF 3 aufeinander. Den Auftakt machten Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne). Auf der Suche nach Dissens landet man schnell bei der Verkehrspolitik und beim Klima.

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Die Wiener Grünen-Chefin sieht sich hier als treibende Kraft, doch auch der rote Kontrahent will nicht den Bremser geben: "Ich verzögere das Projekt nicht", erklärt er mit Blick auf die von Hebein angekündigte autofreie Wiener Innenstadt. Übersetzt heißt das wohl: autofrei nein, verkehrsberuhigt ja.

ORF-3-Chefredakteurin Ingrid Thurnher und ORF-Wien-Chefredakteur Paul Tesarek, sie moderieren den Abend, schlagen einen Tauschhandel vor: Lobautunnel gegen autofreie City? Das wollen beide Koalitionspartner nicht. Die erhoffte Klarheit darüber, mit wem Ludwig nach der Wahl am liebsten regieren würde, bekommt an diesem Abend niemand: "Das sollen die Wählerinnen und Wähler entscheiden", befindet der Stadtchef.

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Es folgt Blau gegen Pink und damit ein Schlagabtausch – vor allem beim Themenkomplex Bildung und Migration. Dass vier von zehn Wiener Schülerinnen und Schülern die Unterrichtssprache nicht ausreichend beherrschen, schockiert zwar Dominik Nepp (FPÖ) wie Christoph Wiederkehr (Neos) gleichermaßen, allerdings: Die Analyse fällt ganz unterschiedlich aus. Der Chef der Wiener Blauen macht eine verfehlte Integrationspolitik dafür verantwortlich. Der pinke Kontrahent hat "die ewig gleiche Leier" satt – er will lieber Unterstützungspersonal für die Schulen, das es nicht nur für Migrantenkinder brauche.

Enttäuschter Blümel

Bei Gernot Blümel (ÖVP) gegen Heinz-Christian Strache (Team HC Strache) spielt auf einmal ein Schriftsteller die tragende Rolle. Moderatorin Thurnher leitet ein mit dem Satz, Blümel habe dem Robert Menasse nationalsozialistisches Gedankengut unterstellt, kommt aber gar nicht zum Ausreden. "Nehmen Sie das zurück, das habe ich nicht gemacht", unterbricht Blümel. Er sei enttäuscht, dass Thurnher das so suggeriere. Es sei schlicht und einfach so: Gewisse Schlagwörter würden von Haus aus gelöscht. Aber er wolle gerne darüber diskutieren, was er damit meine, Wien wieder nach vorne zu bringen. Er beziehe sich nämlich auf internationale Vergleiche, was den Wohlstand anbelangt. So sei das.

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Natürlich kommt auch der Ex-Regierungspartner des Finanzministers zu Wort. Strache erinnert sich an die guten, alten Zeiten mit der ÖVP – da ist er sich mit Blümel kurz einig. Allerdings sei es nach seinem Abgang steil bergab gegangen, befindet Strache. Das sehe man etwa an dem Handling der Corona-Krise. Die aktuelle Regierung habe "nicht das Land durch die Krise geführt, sondern die Krise durchs Land".

Vierfach getesteter Nepp

Was sich durch alle Gespräche zieht, ist Corona. Bürgermeister Ludwig fiel hier zur Zusammenarbeit mit der Regierung nur ein: "Alles kann besser sein." Auch die Vizebürgermeisterin sah Anlass zu grüner Selbstkritik. Sie findet, man habe "ein Stück weit auf die Frauen vergessen". Neos-Kandidat Wiederkehr sieht besonders die Schulen im Umgang mit der Pandemie im Stich gelassen. Und FPÖler Nepp hält zwar nichts von Corona-Tests bei gesunden Menschen, hat sich aber selbst bereits viermal testen lassen – zuletzt vor diesem TV-Duell. (red, 28.9.2020)