Die Exekutive ermittelt derzeit bei Misshandlungsvorwürfen sozusagen gegen sich selbst.

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Es ist eine Diskussion, die sich schon seit Jahren zieht: wie von Behörden mit Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamte umgegangen wird. Derzeit ermittelt bei solchen in der Regel ein internes Referat der Landespolizeidirektion. Immer wieder wurde Kritik an dieser Vorgehensweise laut. Eine Studie zeigte 2018, dass es bei rund 1.500 Anschuldigungen wegen Misshandlung durch die Exekutive in nur sieben Fällen zu einer Anklage gekommen war.

Während das von Menschenrechtlern als Beleg dafür angeführt wird, dass hier nicht gründlich ermittelt wird, wird diese Tatsache von anderen auch zugunsten der Exekutive interpretiert: Die Verdachtslage habe sich also nicht erhärtet.

ÖVP und Grüne einigten sich schließlich auf eine Reform: Im Regierungsprogramm ist festgeschrieben, dass eine eigene Behörde zur "konsequenten und unabhängigen Ermittlung bei Misshandlungsvorwürfen" geschaffen werden soll. Es ist eine grüne Forderung, die hiermit Niederschlag im Programm fand. Wie die Stelle konkret beschaffen sein soll, ist aber noch nicht bekannt. Das Innenministerium ist mit der Ausarbeitung eines Konzepts beauftragt.

Umsetzung nicht sofort

Er gehe davon aus, dass das Konzept "dieser Tage" fertig sein wird, sagt der grüne Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr zum STANDARD. Auch das Innenministerium bestätigt dem STANDARD, dass das Konzept für die "unabhängige Untersuchungsstelle" bald vorliegen soll: Man geht davon aus, dass die Planungsarbeiten für das Projekt noch diesen Herbst abgeschlossen sein werden.

Das bedeute aber nicht, dass die Stelle dann "sofort eingerichtet" werde, wird mit Verweis auf noch zu treffende Entscheidungen auf Basis der Ergebnisse der Planung sowie notwendige parlamentarische Prozesse betont. Deshalb könne man auch noch keine Details nennen, etwa wo die Stelle angesiedelt sein soll oder wie viele Mitarbeiter sie bekommen soll.

Gründlich und schnell

Grundsätzlich sei man sich mit der ÖVP auf politischer Ebene einig geworden, in welche Richtung das Projekt gehen soll, sagt Bürstmayr. Es sei ihm ein Anliegen, dass die Behörde sowohl gründlich als auch schnell arbeiten kann. Dafür brauche es die notwendigen Ressourcen: "Das soll keine Ombudsmannstelle werden, sondern es sollen behördliche Ermittlungen nach Vorbild von Polizeiarbeit durchgeführt werden." Die Stelle soll sowohl disziplinar- als auch strafrechtlich Relevantes untersuchen und prüfen. Letzteres würde dann notwendigerweise an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Ein Knackpunkt wird wohl auch sein, wie die Unabhängigkeit der Stelle sichergestellt werden beziehungsweise wo die Stelle angesiedelt sein wird – innerhalb oder außerhalb des Innenministeriums. Die Unabhängigkeit solle in jedem Fall garantiert werden, meint Bürstmayr. Die Behörde solle auch von sich aus tätig werden können. Dass sie auch von Amts wegen ermitteln soll, wurde schon im Regierungsprogramm festgehalten. (Vanessa Gaigg, 30.9.2020)