Forscher haben einen Reaktor für grüne Biokunststoff-Produktion entwickelt.

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Möchte man von Erdöl und -gas unabhängiger werden und für die Kunststoff- oder Treibstoffherstellung verstärkt biogene Quellen ins Auge fassen, kommen nachwachsende Rohstoffe wie Mais, Zucker oder Zellulose infrage.

Doch die Rohstoffe vom Feld haben auch einen Haken: Es kann ein Konkurrenzverhältnis zwischen dem Anbau dieser Pflanzen als Ersatz für fossile Rohstoffe und jenem als Nahrungsmittelpflanzen entstehen. Hier wäre eine Nutzbarkeit von niederwertigen Bio-Reststoffen wünschenswert.

Es gibt allerdings noch andere Herstellungswege von Kunststoffen abseits der Polymerisation von Erdölprodukten oder der Umwandlung von Glukose oder Stärke aus Feldfrüchten. Beispielsweise werden bestimmte Kunststoffarten aus Essigsäure hergestellt.

Für industrielle Anwendungen wird diese üblicherweise aber aus fossilen Quellen via Ethylen oder Methanol hergestellt, während das Nahrungsmittel den Weg über Zucker und Alkohol nimmt. Hier gibt es aber auch noch eine weitere, weniger bekannte Variante. Spezielle Mikroorganismen können in einem Fermentationsprozess auch Kohlendioxid – das als Abgas den Klimawandel antreibt – in Essigsäure verwandeln.

Behälter für Geschirrspültabs

Im Projekt GreenBioPlastic, bei dem das Forschungszentrum Best – Bioenergy and Sustainable Technologies mit der Wiener Boku und dem polnischen Unternehmen Huber4Zero LAB kooperiert, wurde ein Prozess entwickelt, der diesen Weg beschreitet. Best ist ein K1-Forschungszentrum mit Standorten in Graz, Tulln, Wien und Wieselburg, das im Rahmen des Comet-Programms vom Klimaschutz- und vom Wirtschaftsministerium sowie von den Ländern Steiermark, Niederösterreich und Wien unterstützt und von der Förderagentur FFG abgewickelt wird. Lydia Rachbauer und Bernhard Drosg von Best koordinieren dort die Forschungsarbeiten.

"Endprodukt einer Produktion, die auf diesem Verfahren aufbaut, könnten beispielsweise kleine wasserlösliche Behälter sein, die Geschirrspültabs einfassen", erklärt Drosg. Die Pilotanlage, die im Rahmen des Projekts entstand, fasst 400 Liter und wurde in einem sogenannten Rieselbettreaktor umgesetzt.

Anlagen dieser Art werden etwa auch für die Abluftreinigung eingesetzt. Im Zuge einer Gasfermentation nahm der Reaktor im Projekt sogenannte acetogene Bakterien nebst Kohlendioxid und – als Energieträger – Wasserstoff auf.

Wässrige Essigsäure

Der Stoffwechselprozess der Mikroorganismen bringt in einem Prozess, der Homoacetogenese genannt wird, wässrige Essigsäure hervor. Anstelle einer aufwendigen Aufreinigung möchte man im Zuge einer Weiterentwicklung des Ansatzes mit diesem Mischprodukt experimentieren und adäquate Anwendungen finden – etwa die erwähnten Geschirrspülbehälter.

Aufbauend auf den Erkenntnissen aus GreenBioPlastic möchten die Forscher nun im Folgeprojekt BesTech die Möglichkeiten noch erweitern. BesTech wird über die Förderagentur FFG und das ERA-NET-Bioenergy-Netzwerk mit Mitteln von Klimaschutzministerium und Klimafonds unterstützt. In dem Projekt wird auf der einen Seite die weitere Verwendbarkeit der Essigsäure in der Kunststoffindustrie verstärkt ausgelotet.

Auf der anderen Seite soll ein umfassenderes Verfahren entstehen, bei dem die Gasfermentation nur Teil einer ganzen Prozesskaskade ist. An deren Ende stehen langkettigere Kohlenwasserstoffe, aus denen sowohl Biotreibstoffe als auch Kunststoffe, die etwa in Spritzgussmaschinen einsetzbar sind, werden können.

Elektrosensitive Bakterien

Ausgangsstoffe sind hier biologische Abfälle aller Art, die in ein Synthesegas, vor allem Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Wasserstoff, verwandelt werden. Daran schließt nun ein Fermentationsprozess an, der mit einer neuartigen mikrobiellen Elektrosynthese kombiniert wird, erklärt Drosg.

Bei diesem weiteren Fermentationsprozess werden elektrosensitive Bakterien genutzt, die an der Kathode einer Brennstoffzelle haften und schlussendlich Stoffe wie Butanol, Hexanol oder Methan hervorbringen.

Damit dieser Ansatz funktioniert, müssen etwa Fermentierung, Elektrodendesign und die Auswahl der Mikroorganismen optimiert werden. Als Preis winkt eine effiziente Methode, die Holzreste, Biomüll oder Abfälle der Papierindustrie zu neuen Wertstoffen "upcycelt". (Alois Pumhösel, 2.10.2020)