Ja zum Würstel, aber nein zum Kebab? Finanzminister Gernot Blümel.

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Wien – Halten sich die Betreiber von Kebabständen weniger an Gesetze als Inhaber von Würstelständen? Was ist mit anderen Imbissbuden, etwa den Pizzabäckern? Und sind, sollte sich herausstellen, dass Kebabläden am meisten mit dem Gesetz auf Kriegsfuß stehen, jene in Wien schlimmer als Kebabverkäufer in St. Pölten, Graz oder Bregenz?

Auf all diese Fragen könnte es schon bald Antworten geben – und selbst wenn nicht, wäre das aufschlussreich. Der Abgeordnete Sepp Schellhorn von den Neos und seine Kollegen bringen diese Woche eine Anfrage an Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) ein, indem sie über regionale Schwerpunktkontrollen der Finanzpolizei und deren "kulinarische" Aspekte mehr wissen wollen.

Kontrollen nur in Wien

Hintergrund ist, so viel Sprachwitz darf sein, eine Aktion scharf der Finanzpolizei gegen Kebabstandbetreiber in Wien gewesen. Vergangenen Freitag ließ der Finanzminister und Spitzenkandidat der ÖVP-Wien wissen, dass bei einer Schwerpunktkontrolle von Wiener Kebabständen im September "massive Verstöße" aufgedeckt worden sind. Bei mehr als 90 Prozent von 76 kontrollierten Ständen gab es laut Finanz Rechtsbrüche. Allein 27 Verstöße gegen die Registrierkassenpflicht und 22 gegen die Pflicht zur Meldung bei der Sozialversicherung wurden gezählt. Stutzig machten die Neos mehrere Punkte.

Zunächst passt das Thema perfekt zu Blümels Wahlkampf, er setzt stark auf das Migrationsthema. Blümel sagte auch: "Jeder, der in Österreich ein Unternehmen betreibt, hat sich auch an unsere Gesetze zu halten." Zugleich: Warum fanden die Kontrollen nur in Wien statt, Österreich ist voll mit Kebabständen, jede Kleinstadt verfügt über ein paar? Die Neos wollen auch wissen, wer die Kontrollen veranlasst hat und warum nur in Wien.

Wer prüft Würstelstände?

Nach dem Anlassfall hat der STANDARD bei mehreren Steuerberatern nachgefragt. Tenor der Auskünfte: Die Gastronomie insgesamt sei aus Sicht der Finanz ein Hochrisikogebiet. Es ist eine kleinteilige Branche, viele der Betriebe kämpfen ums Geschäft, es ist nicht leicht, gute Mitarbeiter zu bekommen, bezahlt wird viel in bar, nicht immer gibt es eine Rechnung. Sind Kebab- schlimmer als Würstelstände?

Das bezweifeln Steuerberater bzw. sehen sie keinen Anhaltspunkt dafür, die Probleme seien ähnlich. Eine Geschichte, die in der Branche kursiert, lautet: Bei manchen Würstelständen, wenn man das Geschäft nur nach dem offiziell registrierten Wareneingang analysiere, entstehe der Eindruck, die Läden würden Senf mit ein wenig Wurst verkaufen. Die Würstel gibt es natürlich auch, die werden aber ohne Rechnung angeliefert und bezahlt.

Warum dann keine Aktion gegen alle Imbissbetreiber in ganz Österreich? Schwerpunktaktionen in einzelnen Branchen sind bei der Finanz zwar üblich: etwa gegen Barber-Shops, China-Restaurants, gegen "betrügerische" Obstbauern und Glücksspielbetreiber. Aber in all diesen Fällen wurde in mehreren Bundesländern zugeschlagen, zumindest in dem Moment, als bereits öffentlich berichtet wurde.

Aktion in Tirol

Bei der Finanz sieht man keinen Grund für Aufregung. Alle Schwerpunktaktionen würden regional koordiniert werden und in einzelnen Bundesländern stattfinden, oft nach und nach. Aktuell wird auf eine Aktion in Tirol auf den Mautumfahrungsstraßen bei Kleintransporter hingewiesen, die verstärkt von der Finanz kontrolliert wurden. Gegen Kebabstand-Betreiber habe es viele Anzeigen in Wien gegeben. (szi, 30.9.2020)