Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verteidigte seine Stadt und die Art, wie sie in der Corona-Pandemie gehandelt hat. Im Vergleich mit anderen Großstädten sei man "gut unterwegs".

Foto: orf / Thomas Jantzen
Foto: ORF/Thomas Jantzen

Es blieb beim guten Vorsatz: Birgit Hebein stellte am Dienstagabend vor der TV-Debatte mit Heinz-Christian Strache klar, es sei "ganz offensichtlich, dass uns Welten trennen – da brauchen wir uns nicht anzuagitieren". Doch anagitiert wurde zur Genüge. Nicht nur zwischen Hebein, Spitzenkandidatin der Grünen bei der Wien-Wahl, und Strache, der mit seiner eigenen Liste antritt, sondern auch bei den anderen Spitzenkandidaten-Paarungen, die an diesem Abend auf ORF 3 im Anschluss zum Duell geladen wurden: Gernot Blümel (ÖVP) und Christoph Wiederkehr (Neos) sowie Michael Ludwig (SPÖ) und Dominik Nepp (FPÖ).

Hebein reagierte auf mehrere Angriffe Straches mit der Silbenanhäufung "Mimimi", um dem ehemaligen Vizekanzler Wehleidigkeit vorzuwerfen. So ist es in sozialen Netzwerken üblich, für die diese Reaktion wohl auch gedacht war.

Strache ist kein Grüner

Strache war wohl aber auch schon von der Frage von Moderatorin Ingrid Turnher anagitiert, die ihn angesichts seiner Forderung nach Gratis-Öffis und Versiegelungsstopp fragte: "Sind Sie plötzlich ein Grüner geworden?" (Ist er nicht.) Es folgte die schon aus FPÖ-Zeiten gewohnte Rede von Heimatschutz als Umweltschutz – und der Angriff auf Hebein wegen des aus Straches Sicht teuren und sinnlosen Gürtelpools.

Die grüne Vizebürgermeisterin verwies lapidar auf Straches privaten Pool, dessen Reinigung er sich – so der Vorwurf, es gilt die Unschuldsvermutung – von der damaligen Partei finanzieren haben lassen sollen.

"Kann man so stehen lassen"

Weniger offensiv dargestellte Feindseligkeit als kühle Antipathie schenkten einander Gernot Blümel und Christoph Wiederkehr. Wie bereits am Montag wurde Finanzminister Blümel mit dem Vorwurf konfrontiert, die Corona-Hilfen für Unternehmen kämen nicht an – und wie am Montag entgegnete Blümel nur, man solle dem Finanzministerium die Namen der Firmen nennen, um die Einzelfälle zu regeln.

Im Streit um die Genehmigung von Finanzhilfen durch die EU-Kommission übernahm Wiederkehr die Darstellung der Kommission, dass die notwendigen Anträge bei der Union einfach zu stellen seien. Blümel zog die Brüssel-gegen-Österreich-Karte: "Ich nehme zur Kenntnis: Sie sind auf der Seite der Kommission, ich bin auf der Seite der Wienerinnen und Wiener. Kann man so stehen lassen."

Die Neos, holte Blümel aus, seien unter dem früheren Parteichef Matthias Strolz konstruktiver gewesen, heute seien sie rhetorisch bei der FPÖ und inhaltlich bei den Grünen. Dass Wiederkehr Koalitionen mit so vielen Parteien – auch der ÖVP – ausschließt, hält der Finanzminister für "demokratiepolitisch bedenklich".

Deutsch im Gemeindebau

Deutlich mehr in Richtung lauwarm als bei früheren Wahlen verlief die Auseinandersetzung zwischen SPÖ und FPÖ: Der blaue Spitzenkandidat Dominik Nepp sprach von Gemeindebau-Stiegen, wo "kein Wort Deutsch" mehr gesprochen werde, er forderte von Bürgermeister Michael Ludwig, Staatsbürger im sozialen Wohnbau zu bevorzugen. Der parierte, etwas kurios, mit der Erwähnung einer EU-Richtlinie zur Gleichstellung von Drittstaatsangehörigen aus dem Jahr 2003, die immerhin ein blauer Finanzminister umgesetzt habe.

In der Corona-Krise sei Wien "im Vergleich mit allen anderen Großstädten gut unterwegs", verteidigte der Bürgermeister sein Pandemie-Management. Nepp stößt sich an der Registrierungspflicht in der Gastronomie in der Hauptstadt: Dabei handle es sich um "Stasi- Methoden". (Sebastian Fellner, 29.9.2020)