In der Frühzeit des Sonnensystems hatten viele Himmelskörper noch nicht zu Bahnen gefunden, auf denen sie ihren Nachbarn nicht nicht in die Quere kamen.
Illustration: NASA/SOFIA/Lynette Cook

Mit einigen Zehntel Millimeter Größe würden sie als Schmucksteine zwar nichts hermachen, dafür sind sie aufgrund ihrer Herkunft überaus interessant: außerirdische Diamanten, die im Inneren von Meteoriten gefunden wurden. Ein internationales Team von Geowissenschaftern konnte nun den Ursprung dieser Mini-Diamanten klären, wie die Goethe-Universität Frankfurt am Main berichtet.

Stichwort Ureilite

Forscher der Universität haben zusammen mit Kollegen aus Italien, den USA, Russland, Saudi-Arabien, der Schweiz und dem Sudan die bislang größten dieser Winzlinge in Ureiliten aus Marokko und dem Sudan gefunden und detailliert analysiert. Ureilite sind eine besondere Variante von Meteoriten, nämlich Fragmente eines größeren Himmelskörpers wie etwa eines Kleinplaneten, der durch gewaltige Kollisionen mit anderen Kleinplaneten oder großen Asteroiden vollständig zertrümmert wurde.

Ureilite enthalten häufig größere Mengen an Kohlenstoff, unter anderem in Form von Graphit oder Nano-Diamanten. Die nun entdeckten Diamanten mit Größen von über 0,1 Millimeter und mehr können nicht beim Aufprall der Meteoroide auf die Erde entstehen. Impakt-Ereignisse mit solch großen Energien würden zur vollständigen Verdampfung des gesamten Brockens führen.

Kein langer, sondern kurzer, aber umso heftigerer Druck

Bisher ging man daher davon aus, dass diese Diamanten – ähnlich wie im Erdinneren – durch lange andauernden Druck im Inneren von Mars- oder Merkur-großen Planetenvorläufern entstanden sein mussten. Doch das sehen die Wissenschafter durch ihre neue Untersuchung widerlegt: Stattdessen seien die Diamanten überaus schnell entstanden, nämlich aus der Kollision von Kleinplaneten miteinander oder mit großen Asteroiden hervorgegangen.

Neben diesen "großen" Diamanten fanden sich in den Ureiliten nämlich auch zahlreiche Nester von nanometerkleinen Diamanten und Nano-Graphit. Nähere Untersuchungen zeigten, dass bei den Nano-Diamanten auch so genannte Londsdaleit-Lagen auftreten, eine nur durch plötzlichen, sehr starken Druck entstehenden Modifikation von Diamanten. Ferner zeigten auch andere Minerale der untersuchten Ureilit-Gesteine typische Anzeichen eines Schockdrucks. Letztendlich war es das Auftreten dieser größeren Diamanten zusammen mit Nano-Diamanten und Nano-Graphit, der Aufschluss über die Entstehung der Diamanten gab.

Frank Brenker vom Institut für Geowissenschaften der Uni Frankfurt abschließend: "Unsere umfangreichen neuen Untersuchungen zeigen, dass sich diese ungewöhnlichen extraterrestrischen Diamanten durch den immensen Schockdruck beim Einschlag eines großen Asteroiden oder gar Kleinplaneten auf der Oberfläche des Ureilit-Mutterköpers bildeten. Es ist durchaus möglich, dass es eben dieser gigantische Einschlag war, der letztlich zur vollständigen Zerstörung des Kleinplaneten führte." (red, 4. 10. 2020)