Seit der Eurofighter-Hersteller Airbus, vormals EADS, gegenüber den US-Behörden politische Zuwendungen im Zuge des hiesigen Abfangjäger-Deals zur Jahrtausendwende eingeräumt hat, ist Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) auf den Luftfahrtkonzern alles andere als gut zu sprechen. Als jetzt schon legendär gilt ihr Versprechen: "Airbus wird mich noch kennenlernen!" Eine Anspielung darauf, dass die Republik mit Airbus bis zu Tanners Amtsantritt zu Jahresbeginn in einem schier aussichtslosen Rechtsstreit lag, der ab sofort resolutest zugunsten von Österreichs Steuerzahlern weiter vorangetrieben werden soll.

Wegen des anstehenden Hubschrauber-Deals mit Italien wollen die Neos Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) löchern, ob sie den Rüstungsgiganten Leonardo eigentlich schon kennengelernt hat.
Foto: APA / Leonardo

Erst unlängst stichelte die Verteidigungsministerin wieder in Richtung Airbus – und zwar am 21. September, als sie den anstehenden Kauf von Hubschraubern vom italienischen Hersteller Leonardo verkündete. Nach dem seit zwei Jahrzehnten währenden Wirbel rund um die Eurofighter soll es diesmal ein Government-to-Government-Geschäft mit Italien sein, betonte Tanner, und in Richtung Mitbewerber Airbus unter deutscher Flagge erklärte sie: "Gerade die Eurofighter-Beschaffung hat uns gezeigt, wie es nicht sein soll. Meine persönliche Meinung ist bekannt. Wir sind in verschiedenen Gerichtsverfahren."

Von Regierung zu Regierung

Achtzehn Stück Helikopter, konkret den Typ AW 169 M, will das Verteidigungsministerium unter Einbindung der Finanzprokuratur beim südlichen Nachbarn um rund 300 Millionen Euro nun ordern. Der erste neue Heerheli soll als Ersatz für die betagten Alouette III schon Mitte 2022 landen.

Allein: Auch über den Geschäftspraktiken des italienischen Konzerns schweben ein paar Fragezeichen, denn: In Indien wurde Leonardo, früher Finmeccanica, nach einem Korruptionsskandal im Jahr 2014 auf die Blacklist gesetzt, monieren die Neos. Im Detail wurde der Rüstungsgigant, der auch unbemannte Systeme sowie Waffen herstellt, im Zuge eines Helikopterdeals für sämtliche Geschäfte mit dem indischen Verteidigungsministerium und dessen Zweigstellen gesperrt. Hintergrund dafür war die Verurteilung des früheren Vorstands eben in einem Korruptionsfall. Auch wenn es in Italien inzwischen einen höchstgerichtlichen Freispruch gegeben hat, wurde die Sperre von indischer Seite immer wieder erneuert, zuletzt übrigens im November 2018.

Die Neos, allen voran deren Verteidigungssprecher Douglas Hoyos, wollen Verteidigungsministerin Tanner deswegen nun mit einer parlamentarischen Anfrage löchern, ob sie Leonardo schon kennengelernt hat. "Und wenn ja, mit welcher Begründung waren Sie trotzdem mit dem Deal einverstanden?", will Hoyos unter anderem wissen.

Allerdings ist bei einem Government-to-Government-Geschäft der Hersteller nur am Rande beteiligt: Im Prinzip kauft die Republik Österreich Fluggeräte, die eigentlich vom italienischen Staat bei Leonardo geordert worden sind.

Aber auch da sind momentan einige Fragen offen: Bisher hat der italienische Staat vor allem zivile Versionen des AW 169 für die Guardia di Finanza geordert – im militärischen Bereich wird die Umstellung gerade erst vorbereitet, denn da sollen mehrere andere Hubschraubertypen durch das Gerät von Leonardo ersetzt werden.

Kufen statt Räder

Und die von den Italienern präferierte Version entspricht in einigen Details nicht dem, was das Bundesheer braucht. Das für Österreich vorgesehene Hubschraubermodell muss mit Kufen ausgestattet sein, weil man damit in gebirgigem Gelände besser landen kann als mit einem Räderfahrwerk. Die bisher ausgelieferten AW 169 haben aber Räder, an der Typenzulassung für eine mit Kufen ausgestattete Version wird erst gearbeitet.

Das bedeutet: Um die österreichischen Wünsche befriedigen zu können, muss Italien Österreich-spezifische Hubschrauber bei Leonardo bestellen und diese dann an Österreich weiterverkaufen.

Im Bundesheer wiederum fragt man sich, ob der AW 169 nicht eine Spur zu groß für den Ersatz der viel kleineren Alouette III ist – von der Größenklasse entspricht er eher der Agusta Bell 212, kurz AB 212 genannt, die das Bundesheer seit 1980 betreibt. Auch dieses Modell kommt aus Italien, es wurde von Agusta Westland hergestellt – dieses Unternehmen ist im Leonardo-Konzern aufgegangen. Auch der inzwischen ausgeschiedene AB 204 sowie der AB 206 stammen von dort. Schon jetzt macht man sich Gedanken, welches Fluggerät wohl ab 2030 die AB 212 ersetzen wird. Logisch wäre die AW 169. (Conrad Seidl, Nina Weißensteiner, 1.10.2020)