Bürgermeister Michael Ludwig bei der Eröffnung der Impf-Bim.

Foto: APA/Jobst

Mehrere Mitarbeiter von Samariterbund und Rotem Kreuz sind vor Ort.

Foto: APA

Derzeit steht die Impf-Bim am Karlsplatz.

Foto: AFP

Erika Zeilinger hält ihren Impfpass und ihre E-Card schon bereit. Die 62-Jährige steht ganz vorn in der Reihe derjenigen, die am Donnerstag als Erste jene Straßenbahngarnitur betreten werden, die ab sofort als Impf-Bim durch Wien tingeln wird. Die Termine werden im Fünf-Minuten-Takt vergeben. "Wenn man zu spät ist, verfällt er gleich", sei ihr gesagt worden. Deshalb ist Frau Zeilinger überpünktlich gekommen.

Ein paar Minuten nach zehn ruft ein Security-Mitarbeiter, der mit Klemmbrett in den Händen vor der einzig geöffneten Tür steht, schließlich Zeilingers Namen. Nach einer kurzen Fiebermessung darf die 62-Jährige die Straßenbahngarnitur betreten, in der sie gleich gegen Grippe geimpft werden wird.

Verschiedene Stationen

In der ersten Woche wird die Impf-Bim durchgehend am Karlsplatz stehen, später unter anderem auch am Schwedenplatz und dem Westbahnhof haltmachen. Die Termine dafür wurden im Voraus vergeben – anmelden konnte man sich online oder telefonisch unter 1450. Aufgrund ihrer Beliebtheit ist die Impf-Bim – vorerst – ausgebucht. Überhaupt ist die Nachfrage nach der Gratis-Grippeimpfaktion der Stadt Wien bisher groß: Knapp 44.000 Anmeldungen gibt es laut dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) bisher. Die meisten Termine sind schon weg. Nach und nach werden aber weitere Termine für die folgenden Monate freigeschaltet, wurde versprochen. Neben der Bim kann man sich auch bei teilnehmenden Ärzten und in den Gesundheitszentren impfen lassen.

Kurz bevor Frau Zeilinger die Impf-Bim einweihen durfte, wurde diese von einem Tross an Politikern und Funktionären in fast schon feierlicher Manier eröffnet, bloß gab es kein Band zum Durchschneiden: Sowohl Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Stadtrat Hacker als auch Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres und der Wiener Apothekerkammerpräsident Philipp Saiko waren zugegen. Man war sich einig: Die kostenlose Impfaktion sei ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Verantwortungsträger und werde einen Beitrag zum Freihalten der Krankenhauskapazitäten während der Corona-Pandemie leisten.

Hacker verteidigt Impfaktion

Bei 500 Personen gab es bei der Anmeldung zur Impfaktion technische Probleme, ihre Termine wurden gecancelt. Diese seien aber informiert worden, wurde versichert. Für Frau Zeilinger war die Impfung jedenfalls keine Premiere: Seit zwanzig Jahren lasse sie sich gegen Grippe impfen, erzählt die pensionierte Lehrerin. Persönlich kenne sie nur eine "dezidierte Impfgegnerin".

In den Bundesländern regt sich zum Teil Unmut, weil dort kein Impfstoff vorhanden sei, auch manche Patienten klagen, dass sie nicht – wie sonst üblich – ihre Dosis in der Apotheke abholen können, die sie dann privat verimpfen lassen. "Ich weiß nicht, ob ich mich ärgern oder ob ich darüber lachen soll", sagt Hacker im STANDARD-Gespräch. Dass Wien diese Saison 400.000 Impfdosen zur Verfügung habe, liege schlicht daran, dass man sich eben rechtzeitig darum bemüht habe. Verwiesen wird zudem auf die 600 niedergelassenen Ärzte, die ihr Interesse an der Teilnahme bei der Impfaktion angemeldet haben.

Auch der Präsident der Wiener Apothekerkammer, Philipp Saiko, kalmiert: Man werde in den nächsten Wochen in vielen Apotheken schon auch noch privat zu erwerbenden Impfstoff zur Verfügung haben, sobald auch noch mehr Dosen geliefert werden. "Man kann ihn kaufen, aber man bekommt ihn halt auf dem anderen Weg geschenkt", sagt Ärztekammer-Chef Szekeres dazu. Und: "Es ist derzeit nicht leicht, Impfstoff auf dem Weltmarkt zu bekommen."

Idealer Zeitpunkt Ende Oktober

Das Gesundheitsministerium wiederum verweist darauf, dass gerade für ältere Personen der optimale Impfzeitpunkt ohnehin erst ab Ende Oktober eintreten wird. 1,25 Millionen Dosen konnten bisher bundesweit besorgt werden, eine Steigerung um 60 Prozent im Vergleich zur Vorsaison.

Bereits im Frühjahr gab es einen Beschluss aller Landesgesundheitsreferenten, die die Aufnahme der Influenza-Impfung in das Basisleistungsprogramm der Krankenversicherung fordern. Für Hacker gibt es demnach durchaus die Chance, dass die Impfung auch künftig kostenlos erhältlich sein werde: "Das ist der Plan." Auch bei der Zeckenimpfung könne man eine kostenlose Abgabe andenken. In trockenen Tüchern sind die Pläne jedoch noch nicht.

Impfmüde Österreicher

Bisher galten die Österreicher, auch was die Grippe betrifft, eher als impfmüde. In den vergangenen Jahren verzeichnete man eine durchschnittliche Durchimpfungsrate von acht Prozent. Hat man damit gerechnet, dass derart viele Leute nun Interesse zeigen? "Ich bin positiv überrascht", sagt Hacker. Gerade die Impf-Bim sei auch als Werbemaßnahme gedacht gewesen, um die Leute zu animieren. Das sei jetzt eigentlich gar nicht mehr unbedingt notwendig. Vor einigen Wochen wurde das Ziel, die Rate zu verdreifachen, noch als sehr ambitioniert bezeichnet. "Für mich wäre es der größte Erfolg, wenn uns der Stoff frühzeitig ausgehen sollte", sagt Hacker.

Frau Zeilinger ist jedenfalls rechtzeitig dran. Sie habe sich direkt nach Bekanntwerden der Aktion angemeldet, erzählt die pensionierte Lehrerin. In der Impf-Bim selbst muss der "Impfling", wie die Impfwilligen hier von manchen genannt werden, zuerst ein Formular ausfüllen. In großen Abständen zueinander sind kleine Tische eingerichtet, wo der Vorgang abgewickelt wird. Auch Vorhänge wurden montiert. Die werden zugezogen werden, kurz bevor es heißt: "Bitte Arm freimachen!" (Vanessa Gaigg, 1.10.2020)