Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren hat sich bei fortgeschrittenem Prostatakrebs bewährt.

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Prostatakrebs ist weltweit die zweithäufigste Krebsart unter Männern. In der EU wurde im Jahr 2015 bei 365.000 Männern Prostatakrebs diagnostiziert. Patienten mit hormon-resistentem Prostatakrebs benötigen zusätzliche Behandlungsoptionen. US-amerikanischen Schätzungen zufolge gelten innerhalb von fünf Jahren zehn bis 20 Prozent aller Prostatakarzinome als kastrationsresistent.

Ein Antikörper zur Behandlung fortgeschrittenen Prostatakrebses verbessert das progressionsfreie Überleben bei Patienten mit metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakarzinom. Das sind die Ergebnisse der Langzeitanalysen einer internationalen klinischen Phase-drei-Studie, die jetzt im Top-Journal "European Urology" veröffentlicht wurden. Die Studie zeigte, dass das Gesamtüberleben um zwei bis drei Mal höher war als in der Placebogruppe.

Was die Abwehr macht

Bei Ipilimumab handelt es sich um einen humanisierten monoklonalen IgG1-Antikörper, der gegen CTLA-4 wirkt. CTLA-4 ist ein Molekül, das einen Teil des Immunsystems kontrolliert, indem es dieses unterdrückt.

"Krebszellen können der körpereigenen Abwehr des Immunsystems entkommen, indem sie dieses abschalten. Ein Antikörper gegen CTLA-4, ein sogenannter Checkpointinhibitor (CPI), kann diese Abschaltung blockieren und damit das Immunsystem wieder einschalten. Diese wieder aktivierte Immunreaktion kann dann dem Körper dabei helfen, Krebszellen zu zerstören", erklärt der Onkologe Michael Krainer von der Universitätsklinik für Innere Medizin I der Med-Uni Wien/AKH Wien und vom Comprehensive Cancer Center (CCC).

Die international anerkannte Arbeitsgruppe Urologische Tumore der Abteilung unter Leitung von Krainer wurde eingeladen, an der ersten weltweit durchgeführten klinischen Phase-drei-Studie eines (CPI) beim Prostatakarzinom CA184-043 teilzunehmen, deren Langzeitergebnisse jetzt in "European Urology", dem weltweit einflussreichsten urologischen Fachjournal, veröffentlicht wurde.

Die aktuelle Studie schloss insgesamt 799 Männer ein und wurde in den USA, Kanada, Südamerika, Australien und europäischen Ländern durchgeführt. Patienten erhielten im Verhältnis 1:1 eine knochengerichtete Strahlentherapie (8 Gy in einer Fraktion) gefolgt von entweder Ipilimumab 10 mg/kg oder einem Placebo alle drei Wochen über bis zu vier Injektionen randomisiert. Während in der ersten geplanten Auswertung der Überlebensvorteil in der behandelten Gruppe zwar vorhanden, aber nicht signifikant war, zeigt die jetzige Analyse, dass gegenüber der Placebogruppe, das Langzeitüberleben nach 3,4 und fünf Jahren in der Immuntherapiegruppe zwei- bis dreimal höher ist.

Systemische Wirkung

Ipilimumab wurde von der Europäischen Arzneimittel-Agentur bereits zur Behandlung von Melanomen, Lungenkrebs und Blasenkrebs zugelassen. Für die Zulassung zur Behandlung von Prostatakrebs fehlen aber weiterhin noch aussagekräftige Daten, da auch in dieser Studie in der ersten geplanten Analyse kein signifikanter Überlebensvorteil gezeigt werden konnte.

Anlässlich der neuen Langzeitergebnisse meint Krainer: "Die Immuntherapie ist vielversprechend und kann eingesetzt werden, wenn z. B. Chemotherapien ausgeschöpft oder unerwünscht sind. Es kann auch sinnvoll sein, damit früh anzufangen, weil jede Therapie wirksamer ist, wenn wenig Tumor da ist und der Patient in einem guten Allgemeinzustand ist. Nachdem wir als erste Gruppe in Österreich wichtige Erfahrungen sammeln konnten, versuchen wir derzeit im Rahmen internationaler klinischer Studien die Immuntherapie in die Behandlung zu integrieren".

Demnächst startet die Arbeitsgruppe mit zwei Studienprotokollen, die Immuntherapie bereits vor einer Chemotherapie, die bei Patienten mit kastrationsrefraktärem Prostatakarzinom derzeit Standard ist, einsetzt. (red, 13.10.2020)