Wifo-Leiter Christoph Badelt, IHS-Direktor Martin Kocher und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) bei der Präsentation die ersten Studienergebnisse.

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Wien – Die Corona-Krise "war und ist massiv", aber "sie wurde durch die Sozial- und Wirtschaftspolitik der Regierung ganz wesentlich abgefedert". Mit diesen Worten fasste Wifo-Chef Christoph Badelt den erster Teil einer Studie zu den sozialen Folgen der Corona-Krise zusammen, die vom Sozialministerium in Auftrag gegeben und am Donnerstag präsentiert wurde. "Unser Ziel ist, dass aus der Corona-Krise keine Sozialkrise wird", so Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne).

Insgesamt habe sich gezeigt, dass die Krise zu einer massiven Ausweitung der öffentlichen Ausgaben geführt habe, aber gleichzeitig zu weniger Einnahmen, sagte Badelt. Ein Einbruch des Staatsdefizits von zehn Prozentpunkten innerhalb eines Jahres, wie er uns bevorstehe, "ist einmalig". Die Staatsverschuldung werde um fast 15 Prozentpunkte von 70 auf fast 85 Prozent wachsen. Die staatlichen Ausgaben werden auch 2021 und 2022 nicht reduziert werden können.

Krise auf dem Arbeitsmarkt

Die stärksten sozialen Auswirkungen habe die Krise auf den Arbeitsmarkt, sagte IHS-Direktor Martin Kocher. Anschober sprach in Bezug darauf vom größten Beschäftigungsrückgang seit den 1950er-Jahren. Selbst 2024 werde der Stand der Arbeitslosigkeit noch höher sein als vor der Corona-Krise, erklärte IHS-Chef Kocher anhand der Studienergebnisse. Die aktuellen Prognosen zeigen einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts um sechs bis sieben Prozent.

Bei den Einkommen sei es aber durch staatliche Hilfen gelungen, die Auswirkungen im Rahmen zu halten, sagte Badelt. "Wir haben eine historisch einmalige Ausdehnung der Aktivitäten des öffentlichen Sektors, und das ist gut, das war die adäquate Reaktion." Den Schuldenabbau jetzt zu forcieren "wäre kontraproduktiv". Die Politik müsse weiterhin das Signal setzen, dass sie die Menschen nicht ins Stich lässt.

Die Studie zeigt, dass das unterste Einkommensfünftel durch Corona-Hilfsmaßnahmen in der Krise sogar an Einkommen gewonnen hat (plus 0,7 Prozent), während Gutverdiener, die durch die Pandemie arbeitslos geworden sind, den größten Einkommensverlust erlitten haben (rund vier Prozent minus im 4. und 5. Einkommensquintil). Wobei Badelt betonte, dass die Daten derzeit nur Unselbstständige erfassen und deswegen noch keine Detailsicht möglich sei.

Verluste bei Sozialversicherungen zu erwarten

Die hohen Arbeitslosenzahlen haben aber auch Auswirkungen auf die Sozialversicherungen, bei denen Verluste zu erwarten seien, so Kocher. Wie Österreich am Ende des Tages durch die Krise gekommen sein wird, hänge davon ab, wie lange diese noch dauern wird, waren sich die zwei Experten einig. Wenn es 2021 schon bergauf gehe, werde es in Österreich gut gelaufen sein, wenn es länger dauert, werde die Lage kritisch, sagte Kocher. "Ich glaube, dass Österreich relativ rasch und gut reagiert hat", ergänzte Kocher. Ob Fehler gemacht wurden, werde sich in vielen Fällen erst später zeigen.

Als Ratschlag gab Badelt der Regierung mit, die ökonomischen Anreizmechanismen, die jetzt geschaffen werden, genau im Auge zu behalten. Zum Beispiel dürfe beim Fixkostenzuschuss nicht der Anreiz für Unternehmen geschaffen werden, das Wachstum unter einen bestimmten Wert zu drücken, um weiter Förderungen zu bekommen. (red, APA, 1.10.2020)