Mehr Energie aus Wind, Wasser und Sonne: Bis 2030 soll der heimische Strombedarf über das Jahr gerechnet zur Gänze aus erneuerbaren Quellen stammen.

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Noch im Dezember soll das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) den Nationalrat passieren. Die Novelle gilt als Basis dafür, dass Österreich bis 2040 klimaneutral und der Strombedarf bis 2030 über das Jahr betrachtet nur noch aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt wird. Der Begutachtungsentwurf, der seit Mitte September vorliegt, brachte der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler Lob, aber auch einige Kritik ein. Unter anderem aus der Branche selbst. Noch läuft die Begutachtung bis Ende des Monats, im National- und Bundesrat sind dann Zweidrittelmehrheiten nötig.

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Durch das Gesetz soll der Sektor deutlich ausgebaut werden, die Erzeugungskapazität um 27 Terawattstunden (TWh) steigen. Geplant ist, dass davon elf TWh auf den Fotovoltaiksektor entfallen, zehn auf Wind, fünf auf Wasserkraft und eine TWh auf Biomasse.

Verschiedene Förderarten

Die für Förderungen erforderlichen Mittel sollen dabei im dreijährigen Mittel eine Milliarde Euro pro Jahr nicht übersteigen, heißt es in dem Entwurf. Dabei sind mehrere Arten der Förderung angedacht: Für kleinere Anlagen mit höherem Eigenverbrauch – zum Beispiel im Photovoltaik-Sektor – soll es Investitionsförderungen geben. Für größere Anlagen ist ein Marktprämienmodell vorgesehen. Das heißt, dass ein Erzeuger seinen Ökostrom selbst vermarktet und zusätzlich eine Marktprämie pro Kilowattstunde als Förderung erhält. Bis Ende 2023 will das Klimaschutzministerium das neue System schließlich evaluieren, mögliche Hindernisse und Entwicklungspotenziale sollen so erkannt werden. Neu ist auch die geplante EAG-Abwicklungsstelle, die die Auszahlung der Marktprämien übernehmen soll.

Das sind – sehr grob zusammengefasst – die Eckpunkte des knapp 90-seitigen Entwurfs. Die Reaktionen auf das Papier fielen durchaus unterschiedlich aus. Ein "dichtes Paket", nannte Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG-Windkraft, den Entwurf am Donnerstag. Er sieht darin ein gutes Fundament für die Erneuerbaren-Branche, noch seien aber Nachschärfungen und Verbesserungen nötig. Die Interessenvertretung fürchtet aber, dass das Gesetz es nicht ermöglicht, dass ausreichend Windräder errichtet werden, um das Regierungsziel zu erreichen.

Die IG Windkraft bezeichnet das EAG als "Nagelprobe der Klimapolitik".
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Moidl, der das EAG als "Nagelprobe der Klimapolitik" bezeichnete, forderte zudem den Abbau bürokratischen Hürden für die Errichtung von Windrädern. Dass Stromkunden überbeansprucht werden könnten, wies Moidl auf der Pressekonferenz zurück. Im Vorjahr seien die Kosten pro Haushalt im Schnitt bei 71 Euro gelegen, für das aktuelle Jahr laute die Prognose 91 Euro.

In der übrigen Erneuerbaren-Branche kam das Paket größtenteils gut an; Interessenvertreter der Kleinwasserkraft und des Photovoltaik-Sektors kommentierten den Entwurf positiv. Auch Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie, fand lobende Töne. Der Entwurf sei ein "energiepolitischer Meilenstein", hieß es in einer Aussendung.

Enttäuscht zeigte sich die Biogasbranche. Der Entwurf liefere keine Grundlage für eine ganzheitliche Energiewende, der Rechtsrahmen für grünes Gas würde fehlen. Die Wirtschaftskammer begrüßte den Vorstoß unterdessen, ortet aber Nachschärfungsbedarf. Industriellenvereinigung und Gewerkschaftsbund fordern ihrerseits eine Deckelung des Förderaufwands; die Arbeiterkammer wünscht sich eine Entlastung privater Haushalte.

Zwei Drittel notwendig

Erst vergangenes Jahr sorgte eine Abstimmung im Energiesektor im Bundesrat für ein historisches Novum: Die Ökostromnovelle scheiterte damals am Veto der SPÖ. Bei dem diesjährigen Gesetz könnte die notwendige Mehrheit durchaus gelingen, die Opposition fordert allerdings Zugeständnisse.

Laut SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll stehe seine Partei zu hundert Prozent hinter dem Erneuerbaren-Ausbau, er forderte vor wenigen Tagen allerdings, dass der Ökostrom-Beitrag mit hundert Euro pro Jahr gedeckelt sein soll. Darüber hinaus sollen jene Menschen, die von der GIS-Gebühr befreit sind, weiter keinen Ökostrombeitrag zahlen müssen. Der letzte Punkt ist allerdings sowieso im Entwurf vorgesehen.

Die FPÖ zeigt sich noch abwartend und will weitere Stellungnahmen begutachten. Wichtig sei, dass keine Mehrkosten für Steuerzahler und Konsumenten entstehen, sagte FP-Umweltsprecher Walter Rauch zum STANDARD. Bei den Neos ortet man "Luft nach oben", wie Energiesprecher Sepp Schellhorn auf Nachfrage mitteilte. Die Pinken werden sich kommende Woche mit Gewessler zusammensetzen, um für sie offene Punkte zu besprechen. Prinzipiell begrüße man den Vorstoß, einige Aspekte gehen den Neos allerdings nicht weit genug. Schellhorn forderte etwa mehr Transparenz bei den Netzanschlüssen.

Gewessler selbst nannte das Paket einen "unglaublichen Konjunkturmotor". Ein Drittel der Begutachtungsfrist ist mittlerweile verstrichen, die Notifizierung bei der EU-Kommission läuft parallel dazu. (Nora Laufer, 1.10.2020)