Peter Schröcksnadel (79) will im Juni 2021 absalutieren.

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So spärlich besetzt sind die Tribünen in Kitzbühel ansonsten höchstens an Trainingstagen. Wie es im Jänner 2021 an Renntagen aussehen wird, steht in den Sternen.

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"Ich hoffe auf die Vernunft der Politik. Wir brauchen keinen zweiten Lockdown. Das würde die Wirtschaft nicht überleben." Aus Peter Schröcksnadel spricht der auf den Wintertourismus angewiesene Unternehmer – und der Präsident des österreichischen Skiverbands (ÖSV). Diesen kann man getrost als erfolgreichsten Verband im Alpinbereich bezeichnen, auch wenn er heuer zum ersten Mal seit 1989 geschlagen wurde, von der Schweiz.

Zum ersten Mal also, seit Schröcksnadel amtiert. Heuer wollte er abdanken, doch wegen Corona wurde die ÖSV-Länderkonferenz auf Juni 2021 verschoben. Das gibt ihm die Chance, als Sieger zurückzutreten. "Wir wollen uns", sagt Schröcksnadel dem STANDARD, "an der Schweiz revanchieren."

Internet statt Pattaya

Zunächst geht es freilich um die Weichenstellung. Dieser Tage treten die verschiedenen Gremien virtuell zusammen, danach sollen die diversen nordischen und alpinen Wettkampfkalender präsentiert werden. Zudem wird am Samstag, ebenfalls online, über die Vergabe der alpinen WM 2025 abgestimmt. Die Entscheidung hätte schon im Mai beim Kongress in Pattaya fallen sollen, er wurde Corona-bedingt abgesagt. Saalbach-Hinterglemm tritt so oder so gegen Garmisch-Partenkirchen und – schon wieder die Schweiz! – Crans-Montana an.

Für Schröcksnadel (79) wäre die Vergabe an Saalbach ein Abschiedspräsent. Er strebt kommendes Jahr "eine schöne, friedliche, respektvolle Übergabe" an, sie wäre der ultimative Schritt in der "immer von mir so geplanten Verjüngung" des Verbands. Zuletzt machte Klaus Leistner (75) nach fünfzig ÖSV-Jahren Platz für den neuen Generalsekretär Christian Scherer (35), auch Pressechef Jo Schmid (78) ging in die längst fällige Pension, schon im April folgte Anton Giger (57) als Sportdirektor auf Hans Pum (66).

Klarer Kalender

Weitgehend Klarheit herrscht auch im Hinblick auf den Weltcupkalender. Längst ist klar, dass die Alpinen eine Woche früher als sonst beginnen (17./18. Oktober, Sölden). Gewisse Adaptionen gibt es. So will man ausschließen, dass Technik- und Speedgruppen von Frauen oder Männern zusammentreffen.

Schröcksnadel hat "nicht viele Bedenken". Die Sportlerinnen und Sportler seien "nicht in einer Blase, sondern in einer Schneeflocke" unterwegs. Sollte es zu Reiseeinschränkungen kommen, hofft der ÖSV auf "Ausnahmegenehmigungen im Sport". Seit Mai werden ÖSV-Teamangehörige laufend auf Corona getestet, bis im März rechnet man mit Kosten von 1,8 Millionen Euro. Schröcksnadel: "Ein Riesenaufwand. Noch dazu wird das Geldverdienen schwieriger."

Der ÖSV hat drei Budgets für die Saison 2020/21 erstellt, ein Best-Case-Budget, ein Worst-Case-Budget und eines dazwischen. Im Worst-Case-Budget wird der Ausfall von zwei oder mehreren größeren Events à la Kitzbühel oder Bergisel-Springen einkalkuliert. Da gingen dem ÖSV in erster Linie TV-Gelder ab. Fehlende Einnahmen aus Ticketverkäufen, sagt Schröcksnadel, fielen weniger ins Gewicht. Schließlich verursacht Publikum vor Ort auch Kosten für Aufbau, Sicherheit, Transport et cetera.

Ski ist anders als Fußball

Geisterrennen würden den ÖSV-Präsidenten auch insofern kaum schrecken, als es ja immer wieder Weltcupevents gab, die kaum mehr als zwei Dutzend Zuseher in den Zielraum lockten. Ein Skirennen samt seiner TV-Aufbereitung, sagt der Tiroler dem STANDARD, sei weniger von der Atmosphäre abhängig als ein Fußballspiel. "An der Rennstrecke selbst stehen ja kaum Zuschauer – die sieht man im TV oft erst dann, wenn der Läufer oder die Läuferin schon im Ziel ist."

Soll aber nicht heißen, dass Schröcksnadel das Publikum in diesem Winter, sei es alpin oder nordisch, bereits abgeschrieben hat. In Kitzbühel (ab 22. Jänner geplant) und Schladming (26. Jänner) seien Fans denkbar. "Ende Oktober gibt es eine Impfung", prophezeit Schröcksnadel, der mit einer "Zulassung für zwei, drei Firmen" rechnet. "Dann sind es mehr als zwei Monate bis Kitzbühel. Abwarten, wie sich alles entwickelt."

Im Juli 2021, wenige Wochen nach seinem Rückzug, wird Peter Schröcksnadel 80 Jahre alt. "Ich gehöre zur Corona-Risikogruppe", sagt er. "Aber ich war immer ein Verfechter des schwedischen Wegs, auch wenn dort Fehler gemacht wurden. Ich predige Eigenverantwortung." An einen Ausfall oder Abbruch der Skisaison will Peter Schröcksnadel "gar nicht erst denken". (Fritz Neumann, 2.10.2020)