Das Projekt Kompass richtet sich an alle Formen des Extremismus.

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Wien – Der Verein Neustart wird ab kommender Woche im Auftrag des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ein neues Deradikalisierungsprojekt koordinieren. Menschen, die freiwillig aus einer extremistischen Szene und Ideologie aussteigen wollen, sollen dabei die nötige sozialarbeiterische Unterstützung bekommen. "Damit werden Ausstiegswillige unterstützt und das Risiko für die Gesellschaft minimiert", sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).

Dabei sollen alle Formen des Extremismus, von rechts bis islamistisch, berücksichtigt werden, heißt es von Neustart. Die ersten Clearinggespräche sollen bereits kommende Woche stattfinden. Laufen soll das Projekt mit dem Titel "Kompass" vorerst 21 Monate.

Keine verlorenen Hassprediger

Die Zielgruppe umfasst zwei Gruppen. Einerseits soll das BVT Personen, die bereits unter Beobachtung stehen, an Neustart vermitteln. Erreichen wolle man damit Menschen, "die keine verlorenen Hassprediger sind, sondern Leute, die gerade gefährdet sind sich mangels eines psychosozialen Angebots radikalisieren", sagt Andreas Zembaty von Neustart. Diese Gruppe könne man nämlich mit dem richtigen Angebot oft noch umstimmen, und diese Chance müsse man nützen.

Die zweite Gruppe sind bereits straffällig gewordene Personen nach der Haftentlassung. Wenn beispielsweise festgestellt wird, dass die Bewährungshilfe mit zwei bis drei Treffen pro Monat nicht ausreicht, um einer Radikalisierung vorzubeugen, dann kann das BVT eine Aufnahme ins Projekt Kompass genehmigen. Damit wäre dann zweimal die Woche oder sogar häufiger eine Begleitung möglich.

Teilnahme freiwillig

Wichtig sei aber, dass die Teilnahme am Projekt ausschließlich freiwillig stattfinden werde, betont Zembaty. Außerdem sollen keine persönlichen Informationen an das BVT weitergegeben werden. "Wir sind kein erweitertes Observationsinstrument des BVT, denn unser Instrument ist die Vertrauensbeziehung", sagt Zembaty. Einziges Szenario, in dem eine Meldung verpflichtend sei, ist, wenn jemand eine strafbare Handlung plant.

Mit Neustart setzt das BVT auf einen Partner mit viel Erfahrung im Bereich der Bewährungshilfe. Die acht Mitarbeiter, die jetzt für das Projekt Kompass geschult wurden, hätten bereits Erfahrungen in Deradikalisierungsprogrammen gesammelt, so Zembaty. Zusätzlich zu Neustart soll ein Netzwerk aus anderen spezialisierten Organisationen gebildet werden, die im Bedarfsfall involviert werden können, heißt es aus dem Innenministerium. Kosten wird das Projekt Kompass rund 400.000 Euro. (jop, 1.10.2020)