Norbert Hofer und Pamela Rendi-Wagner: Die Parteichefs von FPÖ und SPÖ sind in den eigenen Reihen umstritten.

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Endloser Abgesang auf Rendi-Wagner

Offen erhebt nur Hans Peter Doskozil das Wort gegen die Chefin, doch hinter vorgehaltener Hand tut es ihm so mancher Funktionär gleich. Einmal mehr ist zu vernehmen: Die Zeit von Pamela Rendi-Wagner an der SPÖ-Spitze sei bald abgelaufen.

Für die Ablöse sprechen die schlechten Umfragewerte der Bundespartei sowie das Momentum: Der erwartete Wahlsieg in Wien könnte Rückenwind für einen kompletten Neustart bescheren.

Schlechte Umfragewerte nähren Ablösegerüchte um Pamela Rendi-Wagner – doch der logische Nachfolger fehlt.
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An Indizien für einen Verbleib der Obfrau mangelt es allerdings auch nicht. So sehr Wiens Oberboss Michael Ludwig nun die Zügel ergreifen könnte, um die SPÖ neu aufzustellen: Er gilt schlicht nicht als der Typ für Umstürze. Außerdem fehlt der logische Nachfolger. In Wien wird Gesundheitsstadtrat Peter Hacker hoch gehandelt, weil dieser im Gegensatz zu Rendi-Wagner kantige Oppositionspolitik draufhabe. Doch sein Corona-Management macht Hacker angreifbar.

Dissident Doskozil scheint zu wollen – aber lässt seine Stimmbanderkrankung dies zu? Dazu kommt taktisches Kalkül: Für Nachfolger in spe scheint es reizvoller, erst knapp vor der Wahl zu übernehmen, als sich in der Oppositionsarbeit zu verschleißen. (jo)

Austauschgerüchte um Hofer

Es wird ein Debakel werden, aber ein verkraftbares. Das hört man in der FPÖ, wenn man danach fragt, was die Wien-Wahl am 11. Oktober bringen wird. Man rechnet mit mehr als einer Halbierung der rund 31 Prozent von 2015. Die Niederlage soll aber zu keinen Umwälzungen in der Bundespartei führen.

Muss ein absehbares FPÖ-Debakel in Wien überstehen: Parteichef Norbert Hofer.
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Norbert Hofer werde FPÖ-Chef bleiben, glaubt ein hochrangiger Funktionär. Die Partei sei wieder gefestigter, die Talsohle in den bundesweiten Umfragen nach der Ibiza-Affäre habe man überwunden. Dort liegt man bei 16 Prozent. Von der Kritik an den Corona-Maßnahmen erhofft sich die FPÖ Rückenwind.

Wenn jemand Hofer beerben könnte, dann Klubobmann Herbert Kickl. Aber der will nicht, wird erzählt. Auch die einflussreichen Landeschefs aus Oberösterreich und der Steiermark, Manfred Haimbuchner und Mario Kunasek, würden nicht auf den Vorsitz drängen. Es mache auch keinen Sinn, sie in der Opposition zu verheizen, heißt es. Zuletzt machte das Gerücht die Runde, dass Niederösterreichs Obmann Udo Landbauer die Bundespartei übernehmen könnte. Das wird innerparteilich negiert, weil Landbauer allein durch die Liederbuchaffäre 2018 belastet sei. (jan)

Es geschieht, was Kurz will

Bei der Wiener ÖVP ist der Spitzenkandidat nicht ausschlaggebend. Gernot Blümel kann hier nicht viel anrichten, weder im positiven Sinn, dass die Partei durch sein Engagement zulegen könnte, noch im negativen, dass er Stimmen kosten könnte. Es zählt Sebastian Kurz. Und die ÖVP schwimmt mit dem Kanzler auf einer Erfolgswelle.

Die Erfolgswelle wird ihn auch in Wien nicht abwerfen: ÖVP-Chef Sebastian Kurz.
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Bei der Nationalratswahl im vergangenen Jahr waren es fast 38 Prozent. Bei der letzten Landtagswahl in Wien waren es dagegen nur magere 9,2 Prozent. Eine Verdoppelung der Stimmen ist also das Mindeste, was sich Kurz und Blümel erwarten können. Kurz hat größtes Interesse daran, seine Partei auch in Wien in eine Regierungskoalition zu bringen. Blümel will lieber Finanzminister bleiben, aber er wird tun, was Kurz für richtig hält. (völ)

Rückendeckung für Kogler

2015 waren die Grünen mit zwölf Prozent in Wien die drittstärkste Partei hinter der FPÖ. Diesmal dürften sie wieder die drittstärkste Kraft werden, allerdings hinter der ÖVP, mit der man im Bund in einer nicht unproblematischen Koalition steckt.

Trotz schwieriger Partnerschaft mit der ÖVP im Bund: Grünen-Chef Kogler muss nicht unbedingt mit einem Denkzettel in Wien rechnen.
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In Wien haben die Grünen den Wechsel an der Parteispitze von Maria Vassilakou zu Birgit Hebein gut verkraftet, die Performance auf Bundesebene scheint zumindest nicht zu schaden. Bei den Wiener Grünen ist laut Umfragen jedenfalls ein Aufwärtstrend erkennbar. Diesen Erfolg können auch die Bundesgrünen gut brauchen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober konnte sich zwar gut etablieren, dafür musste Umweltministerin Leonore Gewessler im Hintergrund ausharren. Die Partnerschaft mit der ÖVP zeigte – Stichwort Moria – schon Abnützungserscheinungen. Ein Erfolg in Wien wäre auch eine Stütze für Bundessprecher Werner Kogler, der als Vizekanzler erstaunlich uneitel agiert. (völ)

Keine Hilfe für Meinl-Reisinger

Den Wechsel von Matthias Strolz zu Beate Meinl-Reisinger an der Parteispitze haben die Neos überraschend gut hinbekommen. Die Amtsübergabe in Wien war kein Erfolg: Christoph Wiederkehr, der sich als "Oppositionsführer" plakatieren lässt, ist ein politischer Nobody geblieben, dessen Vorzüge nur im kleinsten Kreis gepriesen werden.

Bei der Wien-Wahl will sich kein Rückenwind einstellen: Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger.
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In Wien spielen die Neos in den aktuellen Diskussionen keine Rolle, das spiegelt sich auch in den Umfragen wider, die nur knapp den Einzug in den Landtag vorhersagen. Damit werden die Neos nach Ansicht vieler politischer Beobachter unter ihrem Wert geschlagen. Das scheint an einem Positionierungsproblem zu liegen, das auch auf Bundesebene deutlich wird: Zwischen ÖVP, Grünen und SPÖ finden die Neos nur schwer ihre Rolle. (völ)

Strache braucht den Einzug

Nach der Ibiza-Affäre kündigte Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache an, sich aus der Politik zurückzuziehen – doch dieses Versprechen hielt er nicht und wollte wieder einmal Wiener Bürgermeister werden. Dass das surreal ist, weiß wohl auch Strache selbst. Zwischenzeitlich peilte er dann mehr als zehn Prozent an. Kurz vor der Wahl ist der Einzug seines Teams keine ausgemachte Sache. Strache könnte laut Umfragen an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Dann wären er und sein Team nicht viel mehr als ein prozentuelles Ärgernis für die FPÖ gewesen.

Heinz-Christian Strache steht vor einer Schicksalswahl: Scheitert er in Wien, dürfte seine politische Karriere vorbei sein.
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Wer Strache kennt, der weiß, dass er ohne Politik nicht kann. Sollte er nicht in den Wiener Gemeinderat einziehen, wird seine weitere politische Laufbahn schwieriger. Die FPÖ lehnt eine Wiedervereinigung ab. Und ohne erfolgreiche Wien-Wahl fehlt ihm die strukturelle und finanzielle Basis für mögliche Gelüste, auch bei der nächsten Nationalratswahl anzutreten, wirft Politikexperte Thomas Hofer ein. (jan, 2.10.2020)