Der internationale Warenverkehr transportiert auch jede Menge blinde Passagiere um die Welt. Ein kleiner Teil davon kann im Zielgebiet ernsthafte Probleme verursachen.
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Klimatische Veränderungen und vor allem ungeplante menschliche Beihilfe haben Bewegung in die Verteilung des irdischen Lebens gebracht. Neobiota, also ortsfremde Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, wandern in immer größerer Zahl in Regionen ein, in denen sie zuvor nicht gelebt hatten. Dieser Trend wird sich laut einer neuen Studie, die im Fachmagazin "Global Change Biology" erschienen ist, in den kommenden Jahrzehnten noch verstärken. Und Europa sei davon besonders stark betroffen.

Die Anzahl der Neobiota wird laut dem Team um Hanno Seebens vom Senckenberg-Forschungszentrum für Biodiversität und Klima bis Mitte des Jahrhunderts weltweit um mehr als ein Drittel ansteigen. In Europa erwarten die Forscher sogar eine Zunahme von 64 Prozent – was rund 2.500 neuen Arten entsprechen würde. Die Wissenschafter hatten ein Computermodell aus den Beobachtungen der Vergangenheit entwickelt, um zu ihren Prognosen für die weitere Entwicklung zu kommen.

Kleintiere im Vormarsch

Die Eroberung neuer Lebensräume erfolgt in erster Linie über Schiffe, Lastwagen oder Flugzeuge entlang der weltweiten Verkehrs- und Handelsrouten. Kleine Lebewesen kommen leichter als blinde Passagiere unter, daher werden es vor allem Insekten, Weichtiere und Krebstiere sein, die sich ausbreiten. Dagegen sind in Europa kaum neue Säugetierarten wie etwa der bereits eingewanderte Waschbär zu erwarten.

Weitere Hotspots neben Europa sind laut der Studie die gemäßigten Breiten Asiens sowie Nord- und Südamerika. Der geringste Zuwachs wird für Australien angenommen, wo es schon seit langem strenge Grenzkontrollen gibt, die das Einschleppen potenzieller Bioinvasoren verhindern sollen. Immerhin hat Australien in der sorglosen Vergangenheit einige verheerende Erfahrungen mit Neobiota gemacht, deren Folgen bis heute nachwirken.

Strenge Regulierung notwendig

Zwar würde nur ein Bruchteil der Arten zu tatsächlichen Bioinvasoren werden, also im Zielgebiet für Probleme sorgen, sagte Seebens. Diese ließen sich allerdings nicht vorhersagen und könnten durchaus massiv sein. Die EU gehe von jährlichen Kosten durch invasive Arten in Höhe von 12,5 Milliarden Euro aus, unter anderem für die Landwirtschaft. Die Forscher plädieren daher für eine strenge Regulierung und deren strikte Umsetzung, um das Einbringen neuer Arten zu vermeiden. (red, APA, 2. 10. 2020)