Drei Freunde aus Wien, die die Nacht zum Tage machen und auch sonst wenig zu tun haben: "3freunde2feinde" erzählt vom schönsten Sommer jemals, Polyamorie und "Wurstsalat voll Wimmerln".
Foto: Filmarchiv

In der Firma Chemie Kratochwil in Vösendorf ist die Stimmung revolutionär. Eigentlich soll die Belegschaft nur der Übergabe applaudieren, vom Seniorchef auf den eingeheirateten Erben Karli, über den das Urteil aber recht einhellig ist: Er ist ein "Arschloch", wahlweise ein "grindiges", oder auch das "Arschkind vom Alten" und insgesamt eine "Todesnull". Dass Karli seinerseits die Angestellten für Tachinierer hält, versteht sich quasi von selbst. Wer aber hat bei diesem Klassenkampf mit viel Wiener Kampfrhetorik die übergeordnete Perspektive und hält allesamt für einen "Wurstsalat voll Wimmerln"?

Das ist nur eine der vielen Pointen in dem Film 3freunde2feinde von Sebastian Brauneis. Der multitalentierte Mann hinter diesem Projekt (Produktion, Buch, Regie, Kamera, Schnitt kommen aus einer Hand und ergeben insgesamt ein Studio Brauneis, bei dem man gleichzeitig an Indie-Kabuff und an Rosenhügel-Hollywood denken könnte) ist in der Wiener Szene bestens bekannt; und es könnten einem fast die Tränen kommen, wenn in einer langen, großartigen Passage die 3freunde (ohne die 2feinde) das seinerzeit noch vollkommen "unschuldige" Wiener Nachtleben in einer Manier durchqueren, bei der heute alle Corona-Ampeln auf Discokugel umschalten müssten.

"Oide" mit Genderstern

Dieser Film kommt aus der Vergangenheit, weist aber in die Zukunft, wie Brauneis am Ende in einer wunderbaren (polyamorotischen) Pointe deutlich macht. Er tut so, als wäre die Handlung eigentlich gar nicht so wichtig, setzt dabei aber auf eine gefinkelte Dramaturgie und smarte Montage. Der Franzi, der Emil und die Johanna, die 3freunde, sind Stars auf eine Weise, wie sie einem in Wien an jeder Ecke begegnen könnten.

Junge Leute halt, in einen unglamourösen Kampf darum verwickelt, nicht zu einem "Weh" zu werden. Sie gehören nicht zur Generation Praktikum, sie gehören zur "Generation im Ferialjob hängengeblieben". Gelegentliche Siege in ihrem Kampf werden beim Wirten errungen, wo Zufallsgemeinschaften gemeinsam Lieder singen. Die Johanna nennt die Sache beim Namen: 3freunde2feinde ist eine Erzählung vom "schönsten Sommer jemals". Da passt es nur zu gut, dass der Film aus dem Studio Brauneis nun nach einem der eigenartigeren Sommer ins Kino kommt – ein großartiges Stück Wiener Volkskino für Menschen, die selbst das Wort "Oide" mit Genderstern schreiben. Und für alle Älteren, die sich demgegenüber nicht als Arschlöcher aufspielen wollen. (Bert Rebhandl, 3.10.2020)