Als Konsequenz aus dem Wirecard-Skandal macht die deutsche Finanzaufsicht BaFin ihren Angestellten strengere Vorgaben für eigene Finanzgeschäfte.

Foto: AFP/Christof STACHE

Berlin – Als Konsequenz aus dem Wirecard-Skandal macht die deutsche Finanzaufsicht BaFin ihren Angestellten strengere Vorgaben für eigene Finanzgeschäfte. Das teilte das deutsche Finanzministerium in Berlin am Freitag mit. Dazu sei eine Dienstanweisung erlassen worden.

Verbot privater Finanzgeschäfte

Die Anweisung orientiere sich am Verhaltenskodex des BaFin-Direktoriums und den Regelungen der deutschen Bundesbank, erklärte ein Sprecher des Finanzministeriums. Vorgesehen sei ein Verbot privater Finanzgeschäfte mit Bezug auf europäische Finanzunternehmen.

Der inzwischen aus dem DAX geflogene Münchener Zahlungsdienstleister Wirecard hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und in der Folge Insolvenz angemeldet. Die Münchener Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unternehmen seit 2015 Scheingewinne auswies und ermittelt wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs. Dabei wird auch die Rolle der beim Finanzministerium angedockten BaFin diskutiert.

Nach früheren Angaben des Finanzministeriums handelten BaFin-Beschäftigte in den Monaten vor der Pleite verstärkt mit Wirecard-Papieren. Im ersten Halbjahr 2020 entfielen 2,4 Prozent aller gemeldeten privaten Finanzgeschäfte auf Transaktionen mit Wirecard-Aktien oder -Aktienderivaten. Im Gesamtjahr 2018 lag der Anteil demnach bei 1,2 Prozent, 2019 bei 1,7 Prozent. Das Ministerium, dem die BaFin unterstellt ist, sah darin zunächst nichts Ungewöhnliches. Mittlerweile überarbeitet es aber auch die Regeln für Geschäfte der eigenen Mitarbeiter.

"Richtige Maßnahme"

Die privaten Wirecard-Geschäfte der BaFin-Mitarbeiter waren im August durch eine parlamentarische Anfrage der Grünen bekanntgeworden. "Strengere Compliance-Regeln für BaFin-Angestellte sind eine richtige Maßnahme", sagte der Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz. "Endlich sieht Finanzminister Scholz auch mal einen Fehler ein – und korrigiert ihn. Ohne unser beharrliches Nachfragen würde er heute noch behaupten, es sei alles in bester Ordnung."

Über die strengeren Regeln für BaFin-Beschäftigte hinaus arbeitet das Finanzministerium auch an einer Reform des Wertpapierhandelsgesetzes. Diese soll weitreichende Verbote privater Finanzgeschäfte für BaFin-Mitarbeiter enthalten. Auch eine Verschärfung der Regeln für Mitarbeiter des Finanzministeriums wird ausgearbeitet. "Wichtig ist, dass insgesamt der bloße Anschein von Interessenkonflikten möglichst vermieden wird", erklärte der Sprecher.

Widerstand gegen AfD-Kandidaten für Ausschussvorsitz

Die Parteien im Bundestag loten indes Reuters-Informationen zufolge Wege aus, um den von der AfD nominierten Kay Gottschalk als Vorsitzenden des Wirecard-Untersuchungsausschusses zu verhindern. Dabei gilt momentan als wahrscheinliches Szenario, dass Gottschalk keine Mehrheit bekommt und nur ein Stellvertreter gewählt wird, wie am Freitag aus Parlamentskreisen verlautete. Dieser Posten stehe der Union zu, die dafür den CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach vorgesehen habe. Der U-Ausschuss, der Versäumnisse der Regierung und seiner Behörden in dem Bilanzskandal aufklären soll, könnte unter Leitung des Stellvertreters seine Arbeit aufnehmen, so das Kalkül mehrerer Fraktionen.

Der AfD steht nach dem üblichen Rotationsprinzip im Bundestag bei diesem U-Ausschuss der Vorsitz zu. Sie geht davon aus, dass Gottschalk auch gewählt wird. (APA, dpa, 2.10.2020)