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Wenn der Don sich freut, ist die Welt in Ordnung. Aber wenn der Don sauer ist, ist Feuer am Dach. Und wer ihn hintergeht, hintergeht die "Familie". Und darf sich auf Bekanntschaft mit der Bleispritze oder Zementschuhen einstellen. Und es ist jene Familie Salieri, in die Tommy Angelo 1930 hineinrutscht, als ihn der Zufall zum Fluchtfahrer für zwei Mafiosi des aufstrebenden Clans macht. Und die ihn anschließend vor der Rache der verfeindeten Morello-Gang rettet.

So begann Mafia, das im Jahr 2002 erschienene Gangster-Epos des tschechischen Studios Illusion Softworks (heute 2K Czech). Und so beginnt auch das von der US-Spieleschmiede Hangar 13 umgesetzte Rework, das kürzlich als Mafia: Definitive Edition erschienen ist. Als Ziel wurde ausgegeben, das Original nicht nur aufzupolieren, sondern auch in manchen Punkten zu verbessern und gleichzeitig die Atmosphäre zu erhalten. Der STANDARD hat getestet, ob man dabei der Familie treu geblieben ist.

Alte Bekannte

Die Familie, wie man sie kannte, ist mit ihren vertrauten Charakteren komplett geblieben. Paulie und Sam als liebste Handlanger des Don. Frank, der enge Berater des Familienoberhauptes. Lugi, der die Bar des Salieri-Restaurants hütet. Seine charismatische Tochter Sarah. Waffennarr Vincenzo und der stotternde Mechaniker Ralphie. Ennio Salieri, der undurchsichtige Clanchef, der sich stets als gerecht inszeniert. Und dessen Rivale Marcu Morello, der den Großteil der Stadt kontrolliert und enge Bande in Politik und Polizei pflegt.

Der Trailer zu Mafia: Definitive Edition.
IGN

Wer damals das Original gespielt hat, wird sie schnell wiedererkennen. Nicht nur, weil ihre grafische Neugestaltung sich an den damaligen Stil hält, sondern auch weil die Neuvertonung exzellent geglückt ist. Die Sprecher (getestet wurde die englische Fassung) transportieren ihre Charaktere glaubwürdig und emotional, und immer wieder präsentiert Mafia: DE auch schön inszenierte Cutscenes.

Der neue Glanz der Stadt

Während man sich vom frisch rekrutierten Mitglied missionsweise in der Gunst des Dons hocharbeitet und dabei auch mehr über die Situation innerhalb der Familie und den Konflikt mit Morello lernt, erkundet man auch die Metropole Lost Heaven, die als Schauplatz des spielbaren Gangsterfilms dient. Die fiktive Ostküstenmetropole ist stark inspiriert von New York und Chicago, bietet aber auch Elemente auf, die man San Francisco zuordnen kann.

Und sie dient auch in neuem Glanz als stimmige Kulisse für die Erzählung. Ihr Ost- und Westteil unterteilen sich unterschiedlich gestaltete Gegenden, die jeweils ihr eigenes Flair bieten – beispielsweise Chinatown. Und auch das grüne Umland mit Villenviertel, Motel, Rennstrecke und anderen missionsrelevanten Orten wurde mit viel Liebe zum Detail modernisiert. Die Straßen sind gut bevölkert mit Menschen, Autos und Cable Cars. Wer sich in der Nähe eines Polizisten zu rowdyhaft aufführt, ein Auto klaut oder jemanden überfährt, muss sich alsbald darum kümmern, die Gesetzeshüter abzuhängen, bevor es im Programm weitergehen kann.

Versprochen wurde auch, dass sich in Mafia: DE die Stadt nun besser befahren lässt. Ohne den direkten Vergleich mit dem Original machen zu können, ist das schwer zu beurteilen. Definitiv erhalten wurde aber die meist schwerfällige Fahrphysik der Autos, die den Stand der damaligen Fahrzeugtechnik wohl gut abbilden dürfte. Die Folgen zu optimistischen Geschwindigkeitsmanagements lassen sich dank des modernisierten Schadensmodells detailliert an der Karosserie bewundern. Freuen darf man sich auch auf den Soundtrack, der das Geschehen – per Autoradio auch zeitgenössisch – begleitet.

Gameplay von damals

Nicht ganz so freuen darf man sich auf manche Actionsequenzen. Denn dort liegt die Definitive Edition schon fast zu nahe am Original. Hier sind einige Animationen schlecht abgestimmt und die Steuerung hakelig, was besonders Kämpfe mit vielen Gegnern auf engerem Raum frustrierend machen kann.

Geübte Third-Person-Shooter-Spieler werden trotzdem im Schwierigkeitsgrad "normal" ohne größere Mühen durch das Game kommen und sollten gleich auf einem der beiden schwereren Einstellungen starten, wenn sie mehr Herausforderung suchen. Im Original war der "normale" Schwierigkeitsgrad gefühlt deutlich anstrengender. Implementiert wurde zudem ein Deckungssystem, das auch Gegner anwenden. Deren KI ist darüber hinaus allerdings kaum besser geworden.

An anderen Stellen gab es kleinere Anspassungen. Die Kamera klebt nicht mehr so nahe am Protagonisten, sondern erlaubt mehr Übersicht. Statt einem kompletten Waffenarsenal kann man nun nur noch zwei Schießprügel mitführen. Hat kein Gegner eine Waffe mit gleicher Munition, die man sich nach dessen Ableben aneignen kann, so muss man auf anderes Kampfwerkzeug umsteigen, was die Auseinandersetzungen eine Spur taktischer macht.

Das Original und die Definitive Edition im direkten Vergleich.
Nick930

Gameplaytechnisch gilt aber: In diesem neuen, alten Vertreter des längst nicht mehr so prominenten Genres der Story-Shooter, geht es nicht um spielerische Innovationen, sondern viel mehr um das Erleben der Handlung. Und das gelingt der Definitive Edition, die einen erneut tief hinein zieht in die Schicksalsgeschichte von Tommy Angelo.

Wer Lost Heaven lieber frei erkunden, statt der Geschichte folgen will, kann dies wie gehabt im "Free Ride"-Modus tun, der nun auch die ehemaligen "Free Ride Extreme"-Variante mit umfasst, die erst nach dem Durchspielen der Kampagne freigeschalten wurde. Hier kann man allerlei, teils sehr durchgeknallte, Mini-Missionen entdecken. Eine vergleichbare Vielfalt an Aufträgen oder Interaktionsmöglichkeiten, wie sie etwa neuere Grand Theft Auto-Teile anbieten, darf man allerdings nicht erwarten.

Fazit

Mafia: Definitive Edition präsentiert sich als weitestgehend gelungene, moderne Rekonstruktion eines legendären Spieles. Als solche erlaubt sie es Kennern und Nichtkennern des Originals, die spannende Geschichte von Tommy Angelo in modernem Gewand zu erleben. Und das in einer atmosphärischen und liebevollen Umsetzung, aber auch ohne nennenswerter spielerische Innovation, abseits von neuen Komfortfeatures und kleineren Anpassungen, die das Gameplay im Vergleich zu 2002 etwas modernisieren.

Fast noch wichtiger: Das Remake zeigt, wie gute Actionspiele in einer Zeit gestaltet und erzählt wurden, in der Online-Multiplayer in den meisten Games nicht vorhanden oder bestenfalls ein Randaspekt war. (Georg Pichler, 3.10.2020)