Vor drei Jahren diente die Entwicklung des Elektro-Lkw noch der Standortsicherung in Steyr. Auch Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) war angereist.

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Wien – Die Schließung des Werks in Steyr könnte für den Lkw- und Bushersteller MAN ein finanzielles Nachspiel haben. Denn die Volkswagen-Nutzfahrzeugtochter hat für ihre Elektro-Lkw-Entwicklungen von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG mindestens zwei Millionen Euro an Förderungen lukriert. Geflossen ist dieses Fördergeld im Rahmen eines sogenannten Frontrunner-Projekts der FFG im Rahmen der Entwicklung von Technologien für elektrisch betriebene Lastkraftwagen.

Dieses Geld könnte die staatliche FFG nun zurückfordern, denn die Förderrichtlinien sehen vor, dass die finanzielle Unterstützung bei "außergewöhnlichen Umständen" binnen drei Jahren nach Abschluss des Projekts zurückgefordert werden kann. Verkauf und Schließung eines Standorts, einer Niederlassung stellten so einen Grund dar, erfuhr DER STANDARD von mit den Förderrichtlinien vertrauten Insidern.

Geld zurück binnen drei Jahren

Ob das bei einer Schließung Ende 2023 tatsächlich der Fall ist, muss also genau geprüft werden. Denn vom Ende des Projekts gegen Jahresende 2019 bis zur geplanten Schließung Ende 2023 werden es genau vier Jahre sein. Die Republik werde eine Rückforderung der investierten Gelder jedenfalls prüfen, sagen Insider unter Berufung auf die mit Technologieförderungen befassten Ministerien. Die Schließung des Werks wurde bereits heuer angekündigt, daher sei lang vor Ablauf der Frist klar, dass der E-Lkw in Österreich wohl kaum zur Marktreife gebracht werde.

Wie gut die Chancen dabei stehen, bleibt abzuwarten. Die FFG bestätigte, dass im Rahmen des Projekts E-Mobility Fördergelder nach Steyr geflossen seien. Ende September habe man an die Geschäftsführung angesichts der Schließungspläne eine offizielle Nachfrage gerichtet, wie es nach der Kündigung des Standortvertrages weitergehen werde. Eine Antwort wird binnen vier Wochen erwartet.

Politprominenz im E-Truck

MAN Trucks & Bus in München hat, wie berichtet, die "Schlechtwetterklausel" gezogen und die bis 2030 laufende Standortgarantie in Steyr gekündigt. Ende 2023 könnte das bis auf wenige Ausnahmen stets profitable MAN-Werk in Steyr dicht gemacht werden.

Der E-Truck, für den vor drei Jahren jede Menge Politprominenz von Ex-Bundeskanzler Christian Kern und Verkehrsminister Jörg Leichtfried (beide SPÖ) abwärts nach Steyr gelotst worden war, soll dem Vernehmen nach nicht eingestampft, sondern abgezogen werden. 2300 Beschäftigte würden dadurch ihre Arbeitsplätze verlieren. Offizielle Statements dazu gab es von MAN in Steyr nicht.

2017 musste sogar Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) zwecks Probefahrt zu MAN in Steyr ausrücken.
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In der Forschungs- und Entwicklungsszene wird das E-Truck-Projekt von MAN allseits gelobt. Die technologische Reife sei gegeben, die Marktreife sei aber naturgemäß noch in Erprobung, heißt es. Das erklärt, warum der E-Truck bis dato kein "Burner" ist: Gebaut wurde eine Größenordnung von 50 Stück, verkauft worden seien davon aber nur 33. "Zu teuer", so das Attest, allein die Batterie kostete aktuell an die 80.000 Euro, der ganze E-Truck wird in der Branche auf 450.000 Euro taxiert.

Im Dezember wird weiterverhandelt

Wie es bei MAN nun weitergeht? Der 4. Dezember gilt als nächster Stichtag. Da wollen Konzern und Geschäftsführung mit den Belegschaftsvertretern weiter verhandeln über die Zukunft von MAN in Steyr, im Werk in Plauen in Sachsen und in Wittlich in Rheinland-Pfalz. Alle drei stehen auf der Kippe. Volkswagen hat angekündigt, bei seiner Nutzfahrzeugtochter bis zu 9500 Stellen, fast ein Viertel des Personalstands, zu kappen.

(Luise Ungerboeck, 5.10.2020)