Europaministerin Edtstadler beim Gespräch mit ihrem schwedischen Amtskollegen Dahlgren.

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Stockholm/London – Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) will mit der Gruppe der "Frugalen" (Österreich, Niederlande, Schweden, Dänemark) sowie Finnland neue Allianzen, etwa im Ringen um eine gemeinsame EU-Migrationspolitik, schmieden. Bei einem Besuch bei ihrem schwedischen Amtskollegen Hans Dahlgren in Stockholm betonte Edtstadler am Montag: "Schweden und Österreich haben gemeinsam eine große Last der Integration von Flüchtlingen."

Die Europaministerin kündigte für den 5. November ein Treffen der "Frugalen" in Wien an. An dem Treffen der Europaminister soll auch Finnland teilnehmen, das sich der Gruppe im Juli im Ringen um das EU-Budget angeschlossen hat. Der 72-jährige Dahlgren dürfte von der schwedischen Staatssekretärin Paula Carvalho Olovsson vertreten werden.

Schweden und Dänemark zurückhaltend

Dahlgren wollte sich noch auf keine Position zu dem jüngsten Vorschlag der EU-Kommission für einen Asyl- und Migrationspakt festlegen. Hintergrund ist die Abstimmung in der sozialdemokratisch-grünen Regierungskoalition in Stockholm. Der schwedische Sozialdemokrat betonte aber die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Asyl- und Migrationspolitik.

Edtstadler hatte so wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine Verteilung von Flüchtlingen abgelehnt und zuletzt davor gewarnt, dass ein Bleiberecht auch nicht erzwungen werden dürfe, etwa wenn Abschiebungen von Migranten verhindert würden.

Ein Sprecher der niederländischen EU-Vertretung in Brüssel erklärte auf APA-Anfrage, die Agenda des geplanten Treffens am 5. November in Wien sei noch unklar. Daher wäre es noch zu früh, um über Migration in diesem Kontext zu sprechen.

Auch Brexit, Coronavirus Themen zwischen Dahlgren und Edtstadler

Dahlgren lobte die Zusammenarbeit der "Frugalen" beim Beschluss des EU-Budgets und des "Recovery Plans" im Juli als erfolgreich. Mit Edtstadler habe er auch über die Themen Rechtsstaatlichkeit und Brexit gesprochen.

Dabei zeigte sich der schwedische Europaminister zuversichtlich, dass es am Ende noch eine Einigung auf ein Handelsabkommen mit Großbritannien geben könnte. "Ich bin mir nicht sicher, ob das nächste Woche passieren wird", sagte er. Eine Einigung müsse aber vor dem Ende der Übergangsfrist am 31. Dezember zustande kommen. Es sei ein gutes Signal, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Premier Boris Johnson nun direkt Gespräche führten. Es gebe aber noch viele Themen zu lösen.

Auf den schwedischen Sonderweg in der Corona-Bekämpfung angesprochen – im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern hat Schweden auf Restriktionen weitgehend verzichtet –, betonte Dahlgren, dass die jeweiligen Maßnahmen in nationaler Kompetenz liegen. Bei Reisewarnungen sei Schweden nicht für ein einheitliches europäisches Vorgehen. Die Staaten könnten sich aber untereinander koordinieren, sagte er. Edtstadler betonte, es gehe um den Aufbau gegenseitigen Vertrauens.

Gespräche mit schwedischem Unternehmer-Chef

Die Europaministerin traf Montagfrüh auch den Generaldirekter des schwedischen Unternehmerverbands, Jan-Olof Jacke. Dieser dämpfte Hoffnungen Edtstadlers, dass schwedische Touristen schon bald wieder in der Wintersaison Österreich besuchen könnten. Angesichts steigender Infektionszahlen in Europa hätten seine Landsleute im Moment keine Bereitschaft zu Auslandsreisen, sagte Jacke.

Sorgen bereitet dem schwedischen Unternehmer-Chef der Brexit. Schweden verliere mit Großbritannien einen wichtigen Alliierten und Handelspartner in der EU, sagte er. 60.000 Jobs in Schweden würden vom Handel mit Großbritannien abhängen. Migration wiederum sei "ein extrem heikles Thema in Schweden", das oft zu Wahlzwecken ausgenutzt werde. Das Land brauche aber eine reifere Diskussion dazu. Ohne Arbeitsmigration wäre Schweden nicht das Land, das es jetzt sei, doch müsse Schweden auch besser bei der Integration von Migranten werden.

Am Montagnachmittag wollte Edtstadler auch noch dem Chef der schwedischen Grenzpolizei, Patrik Engström, einen Besuch abstatten. (APA, 5.10.2020)