Information in Halbleiter-Quantenpunkte zu packen könnte nach Ansicht der Forscher einen Entwicklungsschritt in der Evolution herkömmlicher Computer darstellen.

Illustr.: Stef Simmons

Linz – Damit Quantencomputer oder -internet funktionieren können, muss die flüchtige Quanteninformation in kontrollierbare Systeme eingeschrieben werden. Das sind zum Beispiel Ionen oder Photonen. In Kooperation mit Kollegen aus Großbritannien haben nun Linzer Physiker zwei Quanteninformationseinheiten (Qubits) in einer einzelnen Halbleiter-Nanostruktur realisiert, wie sie im Fachblatt "Nature Nanotechnology" berichten. Aus technischer Sicht könnte sich das als nützlich erweisen.

Das Team um Armando Rastelli vom Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik der Universität Linz beschäftigt sich mit der Herstellung von Halbleiter-Nanostrukturen und im speziellen mit sogenannten Quantenpunkten. Dabei handelt es sich um Objekte bestehend aus einigen Tausend Atomen, die sich gemeinschaftlich wie ein künstliches "Makroatom" verhalten, so Rastelli. Im vergangenen Jahr hat der Forscher mit Kollegen bereits gezeigt, dass sich damit unter bestimmten Bedingungen sehr effizient quantenphysikalisch verschränkte Lichtteilchen (Photonen) erzeugen lassen, die über beliebig große Distanzen hinweg in Wechselbeziehung zueinander stehen. Eine Eigenschaft, die für technische Anwendungen der Quantenmechanik zentral ist.

System aus zwei Qubits

Zusammen mit Evgeny Chekhovich von der University of Sheffield (Großbritannien) haben die Wissenschafter nun versucht, Quantenpunkte aus Galliumarsenid nicht nur als Lichtquelle, sondern als Quantenregister zu nutzen. Dabei handelt es sich um ein ebenfalls verbundenes System aus einzeln manipulierbaren Quantenbits (Qubits). Diese bilden die kleinste Informationseinheit im Quantencomputer und haben den Vorteil, dass sie nicht nur die Zustände "0" und "1", sondern auch beide Zustände gleichzeitig annehmen können. Physiker sprechen hier von "Superposition".

So ist es gelungen "ein System aufzubauen, das zwei Qubits enthält", sagte Rastelli. Als Träger der Information fungieren hier rund einhunderttausend Arsen-75-Atomkerne in dem Galliumarsenid-Gitter. Gesteuert werden deren Eigenschaften mittels Licht und Radiofrequenz-Signalen. Um die so eingeschriebene Information wieder auszulesen, verwenden die Physiker wieder Laserlicht. Im Rahmen der Arbeit konnte man zeigen, dass die Qubits rund 20 Millisekunden stabil bleiben. Das sei lange genug, um bis zu 100 Operationen durchzuführen, was eine erkleckliche Anzahl an Rechenmöglichkeiten eröffnet.

Natürliche Computetr-Evolution

Die Idee, Information in Halbleiter-Quantenpunkte zu packen, ist interessant, weil "die ganze Elektronik auf Basis von Halbleitern funktioniert. Würde man es schaffen, auf dieser Basis einen Quantencomputer zu bauen, wäre das die natürliche Evolution herkömmlicher Computer", so Rastelli. Dazu bräuchte es freilich deutlich mehr verschränkte Qubits als die bisher realisierten zwei. "Wie man das hochskalieren könnte, ist noch nicht klar", räumte der Physiker ein. Der Gedanke sei aber durchaus verlockend, für Quantencomputer-Hardware nicht in eine völlig andere Materialumgebung oder Plattformen wechseln zu müssen.

"Wir wollen in Zukunft schauen, wie weit wir mit Halbleitern alleine kommen", sagte Rastelli. Gleichzeitig koordiniert der Physiker auch eine Forschungsgruppe, in die Wissenschafter der traditionell starken Quantenphysik-Standorte an der Uni Innsbruck und Uni Wien eingebunden sind, die auf andere Quantensysteme wie Photonen oder Ionen setzen. "Die gängige Meinung ist, dass wahrscheinlich mehrere Plattformen für unterschiedliche Zwecke kombiniert werden müssen." (APA, 9.10.2020)