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Frage: Wo sehen Umfragen die jeweiligen Parteien derzeit?

Antwort: Eine der aktuellsten Umfragen von Market im Auftrag des STANDARD sieht für die Wien-Wahl am kommenden Sonntag klar die SPÖ vorne (42 Prozent). Dahinter liegt mit 21 Prozent die ÖVP, danach folgen mit 16 Prozent die Grünen. Die FPÖ wird laut Umfrage neun Prozent bekommen, Neos sechs, das Team Strache vier. Das ist ein Stimmungsbild, wie es seit Wochen herrscht, die meisten Umfragen gehen von ähnlichen Werten aus. Zwar schwanken etwa die Grünen je nach Umfrage zwischen 13 und 17 Prozent, das Team HC Strache verpasst teils knapp den Einzug, teils schafft es die Fünf-Prozent-Hürde. Doch die Mehrheit der SPÖ und ein starker Zuwachs bei der ÖVP stehen außer Zweifel.

Frage: Steht die SPÖ vor der absoluten Mehrheit?

Antwort: Prozentuell: nein. In Mandaten: eher nicht. Der SPÖ werden laut aktuellen Umfragen rund 42 Prozent nachgesagt. Für eine absolute Mandatsmehrheit braucht die Partei von Bürgermeister Michael Ludwig aber keine 50 Prozent. Vorgänger Michael Häupl erreichte 2001 die Absolute im Gemeinderat mit 46,9 Prozent, 2005 mit 49,1 Prozent. Das erklärt sich so: Je mehr kleine Listen antreten und je knapper diese unter der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, desto weniger Prozente braucht es für die Absolute. Allerdings: Diese Wahl geht auch mit einem neuen Wahlrecht über die Bühne, der mehrheitsfördernde Faktor wurde nach der letzten Wahl reduziert. Das betrifft diesmal vor allem die SPÖ.

Frage: Könnten die Grünen aus der Regierung fliegen?

Antwort: In letzter Zeit sorgte zwar das klare Njet des Stadtchefs zu dem von Hebein ausgearbeiteten Einfahrtsverbot in die City für eher gedrückte Stimmung. Ludwig machte aber auch klar, dass Verkehrsthemen für ihn nicht koalitionsentscheidend sind. Dennoch: Das Arbeitsklima war in den letzten Monaten nicht friktionsfrei, einige Rote wünschen sich durchaus neue Partner. Für die Grünen wäre der Gang in die Opposition ein großer Verlust. Immerhin hatten sie zehn Jahre lang die Chance, Wien mitzugestalten. Mit der neuen Mariahilfer Straße oder dem Öffi-Ticket für 365 Euro sind auch Leuchtturmprojekte auf den Weg gebracht worden. In Umfragen liegt Rot-Grün unangefochten vorne, was die Beliebtheit bei Wählerinnen und Wählern betrifft.

Frage: Warum wird die ÖVP dieses Mal so gut abschneiden?

Antwort: Die ÖVP will die Partei mit den größten Zugewinnen bei dieser Wahl sein. Das dürfte nicht schwer werden. Schließlich wird den Türkisen in Umfragen eine Verdoppelung nachgesagt. 2015 erhielten sie mit Spitzenkandidat Manfred Juraczka nur 9,3 Prozent. Es war das schlechteste Ergebnis, das die ÖVP jemals bei einer Wien-Wahl eingefahren hat.

Frage: Kann ein Totalabsturz bei der FPÖ noch verhindert werden?

Antwort: Dass die FPÖ schmerzhafte Verluste einstecken wird, ist klar. Die mehr als 30 Prozent, die die Blauen bei der letzten Wien-Wahl erreichten, sind nun, seit dem Ibiza-Debakel und der darauffolgenden Spaltung der Partei, illusorisch. Einige Stimmen werden an Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache und seine neue Partei gehen, dazu fischt auch die ÖVP ganz offen nach Stimmen von rechts außen.

Frage: Falls Strache den Einzug nicht schaffen sollte: Wem nutzt das am meisten?

Antwort: Scheitert Strache am Einzug, nutzt das nicht nur der SPÖ, die näher an die Mandatsabsolute herankommt. Daraus resultiert auch, dass sich die SPÖ einen kleineren Juniorpartner suchen könnte – etwa die Neos. Sofern sich diese Koalitionsvariante ausgeht.

Frage: Könnten die Neos ein einfacherer Regierungspartner sein?

Antwort: Die Neos haben schon früh rote Linien definiert: Nicht zusammenarbeiten wollen die Pinken mit der FPÖ und der ÖVP. Der SPÖ würden sie als Regierungspartner "auf die Finger schauen", wie Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr am Dienstag nochmals unterstrich. Ginge sich rechnerisch eine Zusammenarbeit aus, würde es thematisch naheliegen, dass die Neos im Falle von Koalitionsverhandlungen den Bildungsstadtrat fordern. Dass Ludwig diesen Posten abgibt, darf allerdings stark bezweifelt werden.

Frage: Welche Rolle spielt eigentlich das Coronavirus für die Wahl?

Antwort: Sars-CoV-2 und wie die Hauptstadt die Gesundheitskrise managt, waren bestimmende Themen im Wahlkampf. Meinungsforscher glauben allerdings nicht, dass Corona riesige Wählermassen verschiebt. Umfragen zufolge ist ein Großteil mit dem Handling zufrieden. (Lara Hagen, Oona Kroisleitner, Gabriele Scherndl, 7.10.2020)