Wien war schon immer ein Schmelztiegel von Menschen verschiedener Nationen. Die Bewohner sind seit vielen Jahrzehnten geübt im Austausch heimischer Rezepte mit neuen, fremden. Auch die Gründerin der Restaurantkette Neni, Haya Molcho, ist eine Neo-Wienerin. Geboren als Kind rumänischer Eltern in Tel Aviv, wuchs sie in Deutschland auf. In Wien gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann Samy ihre Familie. Den Wienern hat sie, gemeinsam mit ihren Söhnen, die israelisch-mediterrane Küche näher gebracht.
Diese lässt sich in ihren Lokalen "Neni" und "Tel Aviv Beach" verkosten, oder nach den Rezepten ihrer bisherigen Kochbücher nachkochen. Im neusten Werk "Wien" steht allerdings die Wiener Küche im Mittelpunkt. Doch es geht es nicht nur um Schnitzel oder Apfelstrudel, sondern in ihren Rezepten finden auch Zutaten zueinander, die bisher noch nicht miteinander kombiniert wurden.
Das folgende Rezept steht für so eine gelungene Vereinigung von mediterranen mit typisch österreichischen Gerichten. Der orientalisch gewürzte Linsensalat harmoniert erstaunlich gut mit den deftigen Kaspressknödeln.
Auf ihrem kulinarischen Stadtspaziergang kehren die Autoren bei einigen Gastronomen ein. Den ersten Stopp machen sie im Herzen der Stadt, im Cafe Korb. Susanne Widl, die Besitzerin, gilt als Ikone und ist ein Wiener Original. Neben sehr persönlichen Lebenserinnerungen, steuert sie aus dem Rezeptefundus des "Korb" zwei Wiener Klassiker bei: Apfelstrudel und Eiernockerl.
Menschen wie Sascha Hoffmann kommen im Buch ebenfalls zu Wort. Der Koch hat aus seiner Leidenschaft zum Töpfern ein zweites Standbein gemacht. Viele Gerichte in diesem Buch wurden auf Produkten aus seiner Töpferwerkstatt angerichtet.
Auch einen Ausflug ins Weinviertel haben die Autoren unternommen. Sie besuchten den Demeterhof von Helga Bernold und Wolfgang Herzog. Die beiden züchten Wagyu-Ridner, mit deren Fleisch sie die Wiener Gastronomie beliefern. Endverbraucher können es ab Hof oder bei Meinl am Graben beziehen.
Weitere Einkehrstationen sind "die Herknerin", die ihr Rezept für "Sarma" beisteuert. Die Ragazzi Luca und Dario bereiten in ihrem kleinen Lokal beim Augarten, "Monte Ofelio", ein "Ragù Napoletano" zu und im Stomach werden "Kärntner Nudeln mit Pinienspinat und brauner Butter" serviert. "Mayer& Freunde" locken mit "Seesaibling sauer" und "Geeister grüner Pistousuppe".
Neben den schon genannten Gastronomen (und einigen mehr) geben die Autoren auch noch Tipps, welches ihrer Meinung nach das beste Kaffeehaus ist, wo man unbedingt zu einem "Apero" hingehen soll und wer die aufregendsten Hüte in Wien verkauft. Darunter findet sich auch für gelernte Wienerinnen und Wiener durchaus noch Entdeckenswertes. Und wann, wenn nicht jetzt, ist der beste Zeitpunkt für Einheimische, Wien als Tourist zu erleben? (Helga Gartner, 10.10.2020)
Weiterlesen:
Tel Aviv – Neni – Haya Molcho & Söhne
Tim Raue – Rezepte aus der Brasserie