Der fiktionale Ethikrat in "Gott" von Ferdinand von Schirach", gespielt von Christiane Paul, Ina Weisse, Anna Maria Mühe, Matthias Habich, Ulrich Matthes, Barbara Auer, Lars Eidinger und Götz Schubert (von links).

Foto: ORF/ARD Degeto/Moovie GmbH/Julia Terjung

Wien – Wem gehört unser Leben? Und wer entscheidet über unseren Tod? Diese Fragen stellte Ferdinand von Schirach in seinem Theaterstück "Gott". Ein fiktionaler Ethikrat diskutiert darin über selbstbestimmtes Sterben, das Stück kommt im Herbst auch als Film ins Fernsehen. Jetzt steht der Termin fest, das TV-Event wird am Montag, 23. November ausgestrahlt, teilt die ARD auf STANDARD-Anfrage mit.

ORF ohne Abstimmungsfrage

Wie schon das Schirach-Stück "Terror" im Jahr 2016 wird auch "Gott" zeitgleich in der ARD, im ORF und im Schweizer Fernsehen gezeigt. Neben dem Film von Regisseur Lars Kraume – es spielen u. a. Barbara Auer, Lars Eidinger, Matthias Habich und Anna Maria Mühe mit – planen die Sender jeweils wieder eigene Diskussionen (mit Frank Plasberg in der ARD, Peter Resetarits im ORF) zum Thema. Und doch gibt es einen wesentlichen Unterschied: In der ARD und im Schweizer Fernsehen wird den Zusehern nach dem Film wie bei "Terror" die Entscheidungsfrage gestellt, sie können aktiv über Sterbehilfe abstimmen. Der ORF will eine solche Frage zu diesem Thema nicht stellen.

TV-Verfilmung fußt auf deutscher Rechtslage

Die Publikumsteilnahme am Themenabend im ORF erfolge "nicht mittels einer Entscheidungsfrage am Ende einer auf die deutsche Rechtslage replizierenden TV-Verfilmung, sondern mit Fokus auf die gesellschaftliche Debatte in Österreich vielschichtig und ausführlich", heißt es dazu aus dem ORF, der argumentiert, dass ein wie im Film geschilderter Fall rechtlich in Deutschland nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts seit Februar dieses Jahres möglich sei. In Österreich steht aber eine Entscheidung vom Verfassungsgerichtshof über eine mögliche Lockerung des Verbotes der Sterbehilfe noch bevor.

"Keine Verpflichtung" zu Abstimmung

Wie sehen die Koproduktionspartner die Entscheidung des ORF, das Voting nicht durchzuführen? "Wir respektieren die Entscheidung des ORF und werden diese nicht weiter kommentieren. Es gibt keine Verpflichtung, im Anschluss an den Film eine Abstimmung herbeizuführen", heißt es dazu von der ARD.

Auch das Schweizer Fernsehen respektiere die Entscheidung des ORF: "Ferdinand von Schirachs Stück 'Gott' wirft grundlegende ethische Fragen auf, die diskutiert werden sollten. Die Möglichkeit, kritische Argumente zwischen den Ländern auszutauschen, bleibt vom Entscheid des ORF unbeeinträchtigt", sagt Achim Podak, Leiter TV und Video bei SRF Kultur.

Schirachs "Terror" 2016 "TV-Ereignis des Jahres"

Schirachs "Terror" gewann 2017 eine Romy für das "TV-Ereignis des Jahres", die ethische Frage damals lautete: "Darf man eine Gruppe von Menschen töten, um die Leben vieler anderer zu retten?" Im ORF schauten damals im Oktober 2016 im Schnitt 850.000 Menschen zu, 73.000 stimmten per Telefon oder online ab. Die Diskussion mit Peter Resetarits sahen danach durchschnittlich 778.000. In Deutschland waren damals rund 6,88 Millionen Interessierte im Ersten dabei, die Debatte in "Hart aber fair" kam auf 6,31 Millionen Zuseher. Laut ARD wurden 600.000 Stimmen abgegeben. (red, 7.10.2020)