In 30 Stunden zur Kindergärtnerin? So wollen es ÖVP und SPÖ im steirischen Landtag beschließen.

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Graz – Beim Problemaufriss sind sich noch alle einig: In der Steiermark fehlen ausgebildete Kindergartenpädagoginnen, die auch tatsächlich den Beruf ausüben. Auch in der Steiermark, und zwar seit vielen Jahren. Inhalt und Tempo der Schlussfolgerung, die ÖVP und SPÖ daraus ziehen, regen jetzt nicht nur die KPÖ auf – auch die Berufsvertretung der Kindergarten- und Hortpädagoginnen (ÖDKH) ist empört.

Der Reihe nach: Geht es nach den steirischen Koalitionären, soll bereits am Dienstag per Initiativantrag im Landtag per beschlossen werden, dass künftig auch Personen ohne abgeschlossene pädagogische Qualifikation Kindergartengruppen leiten dürfen – dafür soll eine "Schulung in den pädagogischen Grundlagendokumenten im Ausmaß von 30 Unterrichtseinheiten" reichen.

"Crashkurs"

KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler warnt vor einem "Crashkurs", der mit Corona im Rücken als Notmaßnahme verkauft werde, de facto aber einen Stein ins Rollen bringe. "Das kann man schon machen, dass man sich von der Bildungseinrichtung Kindergarten verabschiedet", sagt sie und denkt bereits etwas sarkastisch an mögliche Weiterentwicklungen: "Das nächste ist dann wohl das Ikea-Bällebad."

Ganz so ist es nicht. Folgende Quereinsteiger wollen ÖVP und SPÖ flugs zu Pädagoginnen aufsteigen lassen: all jene, die bereits 18 Jahre alt sind und sich in Ausbildung befinden. Besucherinnen des Kollegs für Elementarpädagogik nach dem zweiten Semester. All jene, die die dreijährige Ausbildung zur Assistenzkraft abgeschlossen haben. Ausgebildete Kinderbetreuerinnen mit fünfjähriger Berufserfahrung. Auch wer den Bachelor in Erziehungswissenschaften hat, ist mit 30 Stunden Grundlagenkurs dabei.

Befristet, aber auch länger möglich

Raphaela Keller vom ÖDKH ärgert sich: "Es ist nicht zu glauben, dass heutzutage noch Entscheidungen gegen höchste Qualität für elementare Bildung gesetzt werden!" Bis heute sei es verabsäumt worden, den Beruf attraktiv zu machen – mit ausreichend Personal und guter Bezahlung. Ihre Anregung an die Politik: Da könne man auch Schulwarte als Klassenvorstände einsetzen. Oder warum nicht gleich Krankenschwestern als Chirurginnen?

Vorerst soll der Plan von Rot und Schwarz auf zwei Jahre befristet sein. Allerdings: mit der Option auf Verlängerung. (Karin Riss, 8.10.2020)