Hannes Swoboda, Präsident des International Institute for Peace, wohnt in der Nähe des Karmelitermarkts. Er träumt von leeren Räumen, doch in seiner Wohnung ist er von Erlebnissen und Erinnerungen umhüllt.

"Ehrlich gesagt: Ich liebe leere, asketische Räume, aber ich schaffe das einfach nicht, weil mir immer wieder meine Vergangenheit, meine Erlebnisse, meine Erinnerungsstücke an Reisen und Begegnungen dazwischenfunken. Die Bücher tun ein Übriges. Eigentlich schade. Wenn ich in Japan ein Zimmer betrete, in dem es gerade einmal drei oder vier Gegenstände gibt, die so stark in ihrer Wirkung sind, dass sie damit den gesamten Raum atmosphärisch ausfüllen, dann lässt das schon Begeisterung in mir aufkommen. Ich nehme in Kauf, dass ich mir diese Vorstellung von Schönheit nicht erfüllen kann.

"Ich finde die Wohnung gemütlich und fühle mich wohl hier." Hannes Swoboda zu Hause.
Foto: Lisi Specht

An der Wand hinter mir hängen eine westafrikanische Maske, eine Satteltasche aus der Türkei sowie einige Bilder, die ich selbst gemalt habe. Ich habe immer schon gern gemalt, in Phasen, mal mehr, mal weniger, mal abstrakter, mal gegenständlicher. In den letzten Jahren habe ich vor allem Motive aus Afrika dargestellt. So wie zum Beispiel das überfüllte Flüchtlingsboot, das irgendwo im Mittelmeer treibt.

Afrika ist unser nächster Kontinent – mit viel Natur, viel kulturellem Reichtum und einer extrem jungen Bevölkerung, während wir von Überalterung geprägt sind. Das Potenzial, mit diesem Kontinent zusammenzuarbeiten, ist enorm und sollte für Europa eigentlich ein Anreiz sein. Mich erschreckt, wie wenig Austausch es zwischen diesen beiden Erdteilen gibt.

Migrationspolitik heißt nicht, dass wir jederzeit alle willkommen heißen. Dann würde die Balance kippen. Aber die Art und Weise, wie wir in Österreich und Europa mit globaler Migration umgehen, zeugt von einer Überforderung und Hilflosigkeit, die mindestens genauso groß ist wie die all jener Menschen, die in Libyen die Boote besteigen.

"Unsere Wohnräume haben ohne jeden Zweifel den Stempel der 80er- und 90er-Jahre", sagt Hannes Swoboda. Das stört ihn nicht.
Fotos: Lisi Specht

Denken, Leben und Wohnen ist von der Welt da draußen nicht zu trennen. Meine Frau und ich wohnen und arbeiten hier im zweiten Bezirk, in der Taborstraße, denn die Gegend hat eine große Zentralität, aber nicht die touristischen Nachteile der Innenstadt. Dafür sind wir von vielen unterschiedlichen Kulturen umgeben, von Wienern, von Expats, von Christen, Juden und Moslems. Die Gegend rund um den Karmelitermarkt ist ein Stück Wien, das in gewisser Weise internationaler ist als der Rest der Stadt. Mich beflügelt das sehr.

Unsere Wohnräume haben ohne jeden Zweifel den Stempel der Achtziger- und Neunzigerjahre. Manchen mag das gut gefallen, anderen weniger. Aber ich verspüre keinen Grund, das zu ändern. Ich finde die Wohnung gemütlich und fühle mich wohl hier. Allein schon aus Gründen der Ressourcenschonung setze ich mich dafür ein, die Dinge, die uns umgeben, möglichst lange zu bewahren. Das merkt man auch an all den teils sehr alten Gläsern, Tassen, Schalen, Schüsseln, Vasen, Tellern und Figuren, die hier überall herumstehen.

Die wichtigsten Aufnahmekriterien für neue Gegenstände sind Ausdruck, Ästhetik und Identität.
Fotos: Lisi Specht

Die wichtigsten Aufnahmekriterien, damit die Gegenstände bei mir ein Zuhause finden, sind Ausdruck, Ästhetik und Identität. Wie man unschwer erkennt, sind die meisten Keramiken in Grüntönen gehalten. Das ist keineswegs ein politisches Statement – wiewohl ich der Meinung bin, dass ein bisschen Grün nicht schadet und überall dazugehört. Mit welchen Farben wir uns in unserem Leben am liebsten umgeben, steht ja auch an diesem bedeutenden Wochenende zur Diskussion.

Manchmal werde ich gefragt, welche Wünsche ich für die Zukunft habe. Persönliche, egoistische Wünsche habe ich nicht mehr, denn ich führe ein schönes, privilegiertes Leben und hatte das Glück, mir viele Träume erfüllen zu können. Meine Wünsche beziehen sich auf die soziale Fairness der Welt, denn wir haben so viele Ungerechtigkeiten und Verwerfungen, dass wir eigentlich echt alle Hände voll zu tun haben, das in den Griff zu kriegen. Diejenigen, die am meisten haben, tragen auch die größte Verantwortung, dies mit der Gesellschaft zu teilen." (9.10.2020)