Die AfD-Jungpolitikern Marie-Therese Kaiser gehört mit rund 9000 Abonnenten ebenfalls zu den bedeutenderen rechten Influencern im deutschsprachigen Raum.

Foto: Screenshot/Instagram

Fotos von schmackhaftem Essen, sonnigen Stränden, noblen Hotelzimmern oder Menschen in hipper Kleidung. Diese Motive werden gängig mit Instagram assoziiert. Doch nicht nur Influencer für Reisenanbieter, Restaurants und Modelabels haben Facebooks Plattform für sich entdeckt. Auch Rechtsextreme nutzen die Plattform mittlerweile eifrig.

Sie haben gelernt, wie man die Spielregeln und Algorithmen der Seite geschickt ausnutzen kann und sich selbst vermarktet. Das Resultat – so berichtet Correctiv in einer mehrteiligen Reportage – ist ein reger Zulauf an neuen Mitgliedern.

Professionalisierung

Als Teil der Recherche hat das Correctiv-Team einen neuen Instagram-Account erstellt und ist beim Entdecken neuer Kanäle dort den automatischen Empfehlungen gefolgt. Letztlich hat man rund 4500 Konten analysiert, die der deutschsprachigen rechten Szene zuzuordnen sind.

Aufgefallen dabei ist, dass vor allem junge Frauen als eine Art Brückenbauer von scheinbar unpolitischen Abbildungen ins rechte Gedankengut eingesetzt werden. Eine wesentliche Rolle dafür spielt das Konto "germanyspride", das dem Fotografen Vadim Derksen gehört. Nachdem dieser jahrelang nur Landschaftsaufnahmen veröffentlicht hatte, schwenkte er im vergangenen Herbst auf Porträts Frauen jüngeren Alters um. Diese entsprechen nicht nur gängigen Schönheitsidealen, sondern sie haben mehrheitlich auch Verbindungen in die rechte Szene, darunter die AfD und deren Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA).

Entstanden sei die Fotoserie auch im Rahmen einer Kampagne der JA, mit dem Ziel, sich moderner und jugendlicher zu präsentieren, sagt Derksen. Die JA legt seit einem Jahr starken Fokus auf Instagram und unterstützt ihre Mitglieder unter anderem mit Fotokursen. Man habe erkannt, dass man die Nutzer besser mit Menschen erreicht, denn mit der Präsentation der eigenen Organisation.

Unterschwellig oder direkt

Die porträtierten Personen haben in der Regel eigene Instagram-Accounts. Dort wird ihre Politik aber häufig unterschwellig präsentiert, statt in direkten Nachrichten. Dabei bedient man sich auch abseits der Szene populärer Hashtags wie "#Heimatliebe", über die man die eigene Reichweite vergrößert. Andere gehen mit ihrer Einstellung offener um und posten etwa Fotos mit dem Untertitel "ein Herbstblatt ist besser als Burka." Offenbar mit Erfolg. Nach eigenen Angaben findet etwa jedes zweite Neumitglied über Instagram zum Berliner Verband der JA.

Aus den 4500 Konten filterte man 50 Influencerinnen heraus, die im rechten Netzwerk eine besonders wichtige Rolle einnehmen. Dazu zählen etwas auch Brittany Sellner, Frau des österreichischen Identitären Martin Sellner, die über 30.000 Follower hat und auch die AfD-Jungpolitikerin Marie-Therese Kaiser mit knapp 9000 Abonnenten. Die Vernetzung zwischen beiden Organisationen im digitalen Raum ist eng.

Scheibchenweise Angst

Eine ehemalige rechte Influencerin, die unter dem Pseudonym Lisa Licentia Identitären-Werbung betrieb, klärt über die Strategie dahinter auf. Tröpfchenweise soll den Followern ein Feindbild eingetrichtert werden und zu ihrer Radikalisierung beitragen. Instagram helfe, das Netzwerk wachsen zu lassen und ideologisch zu stabilisieren, weil der Algorithmus Usern darauf getrimmt ist, Nutzern immer mehr vom Gleichen zu zeigen und andere Meinungen kaum sichtbar sind.

Die Vermeldung einer ständigen Bedrohungslage, sei es von links oder durch Migranten, sorge für Angst, die immer weiter angefacht wird. Auch sie selbst habe das an sich erlebt. Lisa Licentia nimmt mittlerweile an einem Aussteigerprogramm teil.

Instagram scheitert

Ein ehemaliger Instagram-Mitarbeiter berichtet von den Schwierigkeiten des Netzwerks. So seien zwar diverse Symbole – neben dem Hakenkreuz etwa auch das Sonnenrad – eigentlich verboten. Doch die Kontrolle versagt häufig. Auf Seiten von Facebook fehle eine ausführliche Auseinandersetzung mit der rechten Szene, ihrer Symbole und Gegenstrategien. Als plakatives Beispiel führt Correctiv etwa ein Foto eines Babys an, das von einem Account namens "Deutsche Weltanschauung" neben einem Sonnenrad fotografiert wurde. Obwohl eigentlich von den Richtlinien untersagt, bemerkte Instagram den Verstoß erst nach Hinweis durch die Journalisten.

"Die Tiefen von Instagram sind durchzogen von Hass", der sich aber geschickt tarnt, resümiert man den ersten Abschnitt der Untersuchung. In den kommen Tagen erscheinen die verbleibenden drei Teile der Reportage. (red, 8.10.2020)