Für die interessierte Öffentlichkeit bot sich ganz großes Kino im Zuge dessen, was sich da zur Wochenmitte im Parlament abspielte: Die von der FPÖ begehrte Sondersitzung des Nationalrats zum Thema Ausländer verkam zu einem rhetorischen wie geschäftsordnungstechnischen Kampf der Giganten zwischen dem türkisen Nationalratspräsidenten und dem blauen Klubchef. Nachdem Wolfgang Sobotka für die lieben Zuseher vor den Fernsehschirmen ostentativ bedauert hatte, jenen Mandataren im Plenarsaal, die ohne Mund-Nasen-Schutz auf ihren Sitzplätzen säßen, leider keine anderslautenden Vorschriften wegen ihres freien Mandats machen zu können, lief Herbert Kickl zu wortgewaltiger Höchstform auf.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl lief im Nationalrat zu wortgewaltiger Höchstform auf.
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Kickl stand auf, sodass er die zwischen den Mandataren errichteten Plexiglaswände überragte, und empörte sich über die hohen Kosten für all den Kunststoff für den Infektionsschutz. Seine ebenso unverhüllte Fraktion setzte zig Zwischenrufe ab und pudelte sich lautstark über türkise Denunziationsmethoden auf. Kurz gesagt: Für Beobachter offenbarte sich aus epidemiologischer Sicht ein eindrucksvoller Superspreadermoment, in dem die Aerosole wohl nur so durch den Plenarsaal flogen.

Auch wenn Sobotka ganz offensichtlich seinen Vorsitz sowie die Gunst der Stunde nutzte, um der FPÖ mit der von ihm angezettelten Maskendebatte die Sondersitzung zu vermasseln: In der Sache hat der sonst so streitbare Nationalpräsident absolut recht.

Bei steigenden Infektionszahlen fällt gerade den Volksvertretern Vorbildwirkung zu, und – freies Mandat hin oder her – diskursive Exzesse können recht schnell fatale Wirkung entfalten. In Zeiten der Pandemie braucht das Land auch ganz sicher nicht noch einen Parlamentscluster, der womöglich seine Beschlussfähigkeit ins Wanken bringt. Daher gilt: Politiker, lasst nicht ausgerechnet jetzt eure Masken fallen! (Nina Weißensteiner, 8.10.2020)