Wer zahlt, schafft an, lautet ein Sprichwort. Wenn Unternehmen Kapital benötigen, werden sie wohl auf die Bedürfnisse der Investoren hinsichtlich Nachhaltigkeit hören müssen.
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Wie groß ist der CO2-Fußabdruck? Wie steht es um die sozialen Bedingungen in den Zulieferbetrieben? Die Zeiten, in denen sich Investoren noch mit bloßen Lippenbekenntnissen abspeisen ließen, sind vorüber – vielmehr wollen sie ganz genau wissen, wie es um nichtfinanzielle Dinge eines Unternehmens bestellt ist. Kurzum, wie nachhaltig es aufgestellt ist.

Warum immer mehr Anleger immer penibler auf solche Dinge achten, zeigt nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie. "Nachhaltige Fonds sind definitiv besser durch die Krise gekommen", sagt Walter Hatak. Er leitet beim Vermögensverwalter Erste Asset Management den Bereich Nachhaltigkeit und begründet die bessere Entwicklung wie folgt: Auf Branchenebene würden nachhaltige Anleger etwa um CO2-lastige Bereiche wie Erdöl, Fluglinien oder Autobauer zumeist einen Bogen machen – und hätten damit besonders stark von der Krise betroffene Branchen vermieden.

Nachzügler herausfiltern

Schwieriger wird es, in weniger offensichtlich betroffenen Branchen die Nachzügler in Sachen Nachhaltigkeit herauszufiltern. Dabei geht es der überwiegenden Mehrzahl der Investoren genau darum: Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft EY geben 98 Prozent der befragten institutionellen Investoren an, bei Investitionsentscheidungen stark auf nichtfinanzielle Informationen zu achten. Zum Vergleich: 2016 lag dieser Wert bei 78 Prozent. Allerdings hat sich im selben Zeitraum auch der Anteil an Investoren, die mit der Offenlegung von Umweltrisiken unzufrieden sind, von 20 auf 34 Prozent erhöht.

"Unternehmen auf der Suche nach Investoren müssen ihre Hausaufgaben in der Nachhaltigkeitsberichterstattung machen", sagt Georg Rogl, der bei EY Österreich den Bereich Klimawandel und Nachhaltigkeit leitet. Potenzielle Anleger würden auf verlässliche Informationen über die nichtfinanzielle Entwicklung pochen, um Investitionsentscheidungen treffen zu können. "Dafür braucht es standardisierte und verlässliche nichtfinanzielle Daten", betont Rogl.

Laut einer Studie sehen Investoren bei Fragen der Nachhaltigkeit immer genauer hin.
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Auch Hatak teilt diese Ansicht: Das Reporting der Unternehmen habe sich zwar verbessert, es gebe aber viel Luft nach oben. Manche Konzerne würden nicht einmal eine CO2-Kennzahl veröffentlichen. "Wir reden dabei von großen Unternehmen in großen Aktienindizes", sagt Hatak. Aber nicht durch Investoren würde der Druck auf die Unternehmen steigen, sondern auch durch die EU.

Green Deal

Schließlich hat es sich die Kommission auf die Fahnen geheftet, die Union bis 2050 im Rahmen des Green Deals CO2-neutral zu gestalten. Dazu beitragen soll auch die sogenannte Taxonomie-Verordnung: Sie ermöglicht Anlegern, ihre Investitionen stärker auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen auszurichten. Soll heißen: Über die Investoren sollen die Unternehmen dazu gebracht werden, nachhaltiger zu agieren und mehr Informationen offenzulegen. "Es gewinnt an Dynamik durch die neuen Regeln der EU", sagt Hatak. "Es wird in absehbarer Zeit kaum mehr Fonds geben, die nicht in irgendeiner Form nachhaltig sind."

Eine Auswirkung der Covid-19-Krise sieht er übrigens im Bereich Soziales: Durch die erschreckenden Zustände für Arbeiter in deutschen Schlachthöfen – in der US-Fleischindustrie sind Hatak zufolge ähnliche Fälle aufgetreten – seien die Investoren sensibler geworden. "Wo man vorher weggeschaut hat, wird jetzt ganz genau hingesehen", sagt Hatak. (Alexander Hahn, 11.10.2020)